3.-10. Juni 2009 – DOR28 – Video als Raum – Ausstellung 1

KAREN OOSTENBRINK

„Yvonne Perot“ und „Für Marion von Walja“

Foyer des Instituts für Kunst- und Bildgeschichte
Dorotheenstraße 28
10117 Berlin

Eröffnung: 03.06.2009, 19 Uhr
Kuratorinnen: Sarah Quast & Filiz Güngör

Dauer: bis 10.06.2009
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 9-19 Uhr

Erinnerungskunst

Karen Oostenbrink hat nach Spuren von unbekannten Menschen gesucht: Fotoalben, Briefe, Aufzeichnungen der Erinnerungen Anderer, die irgendwann verloren gingen und auf dem Flohmarkt landeten, um dort von der jungen Künstlerin gefunden zu werden. Sie bilden nur den Ausgangspunkten für eine längere Suche. Die in Berlin lebende Niederländerin spürt den Erinnerungen nach, auf die alten Fotografien verweisen und die nicht ihre eigenen sind. Wenn sie ihre Projekte abschließt, sind die Bilder und Briefe mit der eigenen Erfahrung des Suchprozesses verbunden. Ihre Videoinstallationen machen die alten Erinnerungen wieder lebendig.

Die Arbeit „Yvonne Perot“ entsteht 2006 im Rahmen ihrer Diplomarbeit an der Kunstakademie von Den Haag. In einem Fotoalbum entdeckt die Künstlerin Bilder einer belgischen Fabrikantentochter, die im Alter von 23 Jahren bei der Geburt ihres ersten Kindes starb. Schließlich findet sie in dem kleinen Ort Visé Yvonne Perots Cousin, der ihr sehr nahe stand und für die Künstlerin mit der einfachen Handkamera aus seinen Erinnerungen erzählt, bis er keine Worte mehr hat. In Visé  entstehen auch die fünf  Fotografien, die Oostenbrink  stundenlang aus dem Fenster ihres Hotelzimmers aufnimmt, bis es Nacht wird. Wie die Erinnerung verdunkeln auch die Bilder.

„Für Marion von Walja“ aus dem Jahr 2008 hat mit einem Stapel alter Briefe begonnen, geschrieben in den 60er Jahren von einem Mädchen namens Walja aus Alma-Ata in Kasachstan an ihre deutsche Brieffreundin Marion. Zwei Fotos hat Walja mitgeschickt: ein Passbild und eine Aufnahme einer Berglandschaft, aus dem Ferienlager. In einem selbst gebauten Holzkästchen hat sie ein Weihnachtsgeschenk  versendet. Auf dem Video ist die leere Wohnung zu sehen, in der Marion bis zu ihrem Tod gelebt hat. Wir hören die Stimme ihrer 18 Jahre jüngeren Schwester Anja, die aus den russischen Briefen und aus dem Tagebuch  der 16 jährigen Marion vorliest. Sie hat ihre ältere Schwester kaum gekannt.

Karen Oostenbrinks Erinnerungskunst oszilliert zwischen Nähe und Distanz. Die Menschen, deren Spuren sie nachgeht, sind ihr fern und haben doch etwas mit ihr gemeinsam. Auch wir kommen diesen Menschen nahe – aber nur ein Stück weit, für einen Moment. Was bleibt, ist die vermittelte Erinnerung, die Erinnerung Anderer, an der wir ein wenig teilhaben dürfen.