Geschichtsbilder in der Architektur, 20./21. Jhd.
08. – 09.11.2012
Frankfurt am Main
Deutsches Architekturmuseum
Obgleich für die Architektur des 20. und 21. Jahrhunderts häufig eine programmatische Abkehr von ihrer geschichtlichen Herkunft im Sinne einer Kultur des Vergessens (Nietzsche) konstatiert wird, sind gerade für die gegenwärtige Architekturszene Begriffe wie „Erinnerung“ und „Gedächtnis“ von großer Bedeutung und werden von zahlreichen Architekten imaginationsanregend verarbeitet. So kreierten in den letzten Jahren beispielsweise Daniel Libeskind oder Mario Botta Erinnerungsbauten von herausragender Qualität, indem sie für ihre Bauwerke eine zeichenhafte, symbolgeladene Architektursprache entwickelten, die in der Lage ist, historisch-retrospektive Bezüge im Sinne der architektonischen Erinnerungskultur herzustellen und eine Zeitlichkeit zu imaginieren, die zugleich prospektiv in die Zukunft weisende Perspektiven eröffnet. Andere Architekten wiederum bemühen sich alleine über eine gezielt eingesetzte Materialästhetik und unter Verzicht auf jegliche historische Form, die Architektur in ein Spannungsverhältnis zur Geschichte von Orten und Regionen zu setzen. Mitunter erweisen sich konstruierte historische Bezüge und imaginierte Vergangenheiten dabei als mehrdeutige Gesten: Sie können persönliche künstlerische Auffassungen, gesellschaftliche Visionen oder auch politische Absichten widerspiegeln. Dies lässt sich auch an der Architektur der Zwischen- und Nachkriegszeit ablesen.
Die gemeinsam mit dem Deutschen Architekturmuseum Frankfurt am Main von Prof. Dr. Kai Kappel (Humboldt-Universität zu Berlin) und Prof. Dr. Matthias Müller (Johannes Gutenberg-Universität Mainz) ausgerichtete Tagung soll daher die Frage nach „Historizität“ und „Erinnerung“ in der Architektur des 20. und 21. Jahrhunderts aus ganz unterschiedlichen Perspektiven diskutieren und die Vielfalt gegenwärtiger Ansätze ins Bewusstsein rücken.
Kontakt & Anmeldung
Die Teilnahme an der Tagung ist kostenfrei.
Anmeldung erbeten bis 2.11.2012.
Margrit Lorenz
Institut für Kunst- und Bildgeschichte der HU Berlin
margrit.lorenz@culture.hu-berlin.de
Veranstalter
Prof. Dr. Kai Kappel (Humboldt-Universität zu Berlin)
Prof. Dr. Matthias Müller (Johannes Gutenberg-Universität Mainz)
Dr. habil. Wolfgang Voigt (Deutsches Architekturmuseum Frankfurt am Main)
Diese Tagung wird unterstützt durch die Fritz Thyssen Stiftung (Köln).
Tagungsprogramm
8. N o v e m b e r 2 0 1 2
14.00-14:10 Uhr
Kai Kappel, Matthias Müller, Wolfgang Voigt: Begrüßung
14:10-14:30 Uhr
Kai Kappel, Matthias Müller: Einführung in das Tagungsthema
AUFBRÜCHE / TRADITIONALISMEN IM EUROPA DER 1920ER-JAHRE (Moderation: Matthias Schirren, Kaiserslautern)
14:30-15:15 Uhr
Wolfgang Sonne (Dortmund): “History builds the Town”. Paradoxe Beziehungen zwischen Städtebau und Städtebaugeschichte in der Moderne
15:15-16:00 Uhr
Beate Störtkuhl (Oldenburg): „Modernisierte Gotik“ versus Neoklassizismus – konkurrierende Geschichtsbilder zwischen Deutschland und Polen in der Architektur der 1920er-Jahre in Schlesien
16:00-16:45 Uhr Kaffeepause
16:45-17:30 Uhr
Klaus Tragbar (Augsburg): Der Geist der Tradition. Anmerkungen zu Historizität und Erinnerung in der italienischen Moderne
DER SAKRALBAU ALS TRÄGER VON ERINNERUNG (Moderation: Kerstin Wittmann-Englert, Berlin)
17:30-18:15 Uhr
Kai Kappel (Berlin): Erinnern, Überschreiben und Vergessen. Zur Semantik des Kolumba-Areals in Köln
18:15-19:00 Uhr
Ulrich Knufinke (Braunschweig/Jerusalem): Architektur und Erinnerung: Synagogenbau in Deutschland nach der Shoah
ÖFFENTLICHER ABENDVORTRAG
19:30-20:30 Uhr
Wolfgang Pehnt (Köln): Rom hat mehr als sieben Hügel/Der Städtebau des Zitierens
9. N o v e m b e r 2 0 1 2
GESELLSCHAFT, GEMEINSCHAFT UND IDENTITÄT (Moderation: Hauke Horn, Braunschweig)
10:00-10:45 Uhr
Kerstin Wittmann-Englert (Berlin): Das Opernhaus in der Moderne: über die zeitgemäße Fortschreibung einer traditionellen Bauaufgabe
10:45-11:30 Uhr
Andreas Barz (Berlin): Was bleibt von den Ideen der Re-Education nach dem Ende des Kalten Krieges? Anmerkungen zur Rettung des Studentendorfes Schlachtensee
11:30-12:00 Uhr Kaffeepause
DENKMALPFLEGE UND THEORIEDISKURS (Moderation: Gabi Dolff-Bonekämper, Berlin)
12:00-12:45 Uhr
Hans-Rudolf Meier (Weimar): Fremdheit und Alterität in der Architektur der (Spät-)Moderne
12:45-14:15 Uhr Mittagspause
REFLEXIVITÄT UND ERINNERUNG HEUTE (Moderation: Tina Zürn, Berlin)
14:15-15:00 Uhr
Hauke Horn (Braunschweig): Die Aura authentischer Orte. Zur architektonischen Verortung von Erinnerung am Beispiel der Varus-Schlacht
15.00-15:45 Uhr
Matthias Müller (Mainz): Das neue Thyssen-Krupp-Hauptquartier in Essen als architektonisches Nachdenken über einen geschichtsträchtigen Industriestandort
15:45-16:15 Uhr Kaffeepause
ROUNDTABLE
16:15-17:30 Uhr
Gabi Dolff-Bonekämper (Berlin), Uta Hassler (Zürich), Godehard Hoffmann (Brauweiler), Carsten Ruhl (Weimar): Geschichtskonstruktion durch Rekonstruktion?
Moderation: Oliver Elser (Frankfurt/M.)
17:30 Uhr Ende der Tagung