Datum/Zeit
Date(s) - 15/11/2019 - 16/11/2019
Ganztägig
Veranstaltungsort
IKB - Institut für Kunst- und Bildgeschichte
auf Google-Maps ansehen
Kategorien
Symposium
Medium Matters: Transformationen
des Kunstwerks in Moderne und Gegenwart
Berliner Graduierten-Symposium für moderne und zeitgenössische Kunstgeschichte
Freie Universität Berlin / Humboldt-Universität zu Berlin
Hinweis:
Die zweitägige Veranstaltung findet an zwei Veranstaltungsorten an der
FU Berlin und der HU Berlin statt.
Konzeption und Organisation:
Prof. Dr. Eric C. H. de Bruyn, Prof. Dr. Eva Ehninger, Johanna Függer-Vagts Mag.a und Dr. André Rottmann mit Louisa Denker und Johanna Engemann
Programm
15. November 2019
Freie Universität Berlin, Kunsthistorisches Institut,
Koserstraße 20, 14195 Berlin, Hörsaal B
13:00 Uhr
Begrüßung: Eric de Bruyn / Eva Ehninger
13:15 Uhr
Sektion 1: Avantgarde im Rückblick
Moderation: André Rottmann
Elisabeth Sedlak (Universität Wien): „Sehen wie ein Anagramm. Das dialektische (Körper)-Bild in Hans Bellmers Puppenarbeiten“
Max Boersma (Harvard University): „Degendered Geometries: Hannah Höch’s Dress Pattern Collages“
Joseph P. Henry (City University of New York): „The Handwerk of the Artist: Die Brücke’s Woodcuts and Wilhelmine Industry“
15:45 Uhr
Sektion 2: Reproduktion und Performativität
Moderation: Johanna Engemann
Kathrin Barutzki (Universität zu Köln): „Artists & Photographs – Dokumentation, Reproduktion und Transformation von Kunstwerken durch und mit Fotografie im Kontext von Künstlerpublikationen und Editionsprojekten Ende der 1960er Jahre“
Julia Keller (Universität Basel): „Logik des Textilen: Heidi Buchers performative Praxis der Raumaneignung“
Julia Heldt (Freie Universität Berlin): „In the Matter of Lee Lozano. Zur Materialität von Lee Lozanos späten Spracharbeiten“
Sandro Weilenmann (Université de Fribourg): „Die Stimme als Fragment. Akustische Diskurse im Werk von Adrian Piper, VALIE EXPORT und Yvonne Rainer»
18:15 Uhr
Keynote von Ursula Frohne (Westfälische Wilhelms-Universität Münster)
„Radio-Active Futures: Radio als Medium minoritärer Kunstpraxen“
Die besondere Qualität der Verflechtungen zwischen dem Medium Radio und kulturellen Praxen in Zeiten politischer Konflikte stehen im Fokus des Beitrags. Eingebettet in die kommunikativen Alltagsprozesse wurde die Sendetechnik des Radios seit jeher mit den utopischen Zielen revolutionärer Bewegungen assoziiert, während sie gleichermaßen konspirativen Taktiken bei der Erzeugung dissidenter Öffentlichkeiten unter den Bedingungen von Zensur und Repression diente. Eine Vielzahl künstlerischer Konzeptionen beziehen sich auf diese heterogene Potenzialität des Radios, indem sie seine kommunikative Reichweite im Kontext emanzipatorischer Prozesse einsetzten. Mit Blick auf beispielhafte Arbeiten – u.a. von Andrea Fazer, Suzanne Lacy, Dan Mihaltianu, Milo Rau und Tamás St. Turba sowie in Rekonstruktion kollaborativer Projekte wie Maurizio Torrealtas und Franco “Bifo” Berardis „Radio Alice“ oder des von Paul McCarthy, John Duncan, Neil Goldstein, Nancy Buchanan und Linda Frye Burnham 1976 in Los Angeles ins Leben gerufenen „Close Radio“ – stehen partizipative und kritische Ansätze zur Diskussion, die in Nutzung der weithin unkontrollierbaren medialen Struktur der Radioübertragung in Zeiten elektronischer Kommunikation keineswegs an politischer Relevanz verloren haben. Mit Gilles Deleuzes and Félix Guattaris Theorie der „minoritären Kunstpraxen“ werden die ästhetischen Adaptionen der Radiotechnologie als eine Mikropolitik der Teilhabe lesbar.
Moderation: Eric de Bruyn
anschließend Empfang
16. November 2019
Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Kunst- und Bildgeschichte,
Georgenstraße 47, 10117 Berlin, Raum 0.12
10:15 Uhr
Sektion 3: Materialität und Medialität
Moderation: Johanna Függer-Vagts
Filippo Bosco (Scuola Normale Superiore, Pisa): „Medium of Dematerialization: Italian Projects and Drawings around 1969“
Ilka Larissa Rambausek (Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg): „Blut und Schokolade – Materialität und Malereiskepsis bei Ed Ruscha“
Marcel Wälde (Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg): „Late Painting, Late Photography: Übertragungen der Amerikanischen Landschaft bei Edward Hopper und Joel Meyerowitz“
13:15 Uhr
Sektion 4: Systemische und operative Bilder
Moderation: Eva Ehninger
Louisa Denker (Humboldt-Universität zu Berlin): „Algorithmische Objektivität. Der Glaubwürdigkeitsanspruch systemischer Bilder“
Alice Gustson (Goethe-Universität/Städelschule, Frankfurt am Main): „Out of Space, into Space“
Julia Modes (Humboldt-Universität zu Berlin): „Fernsehübertragungen und die virtuelle Realität. Bilder der Gewalt im Werk Harun Farockis“
16:00 Uhr
Julia Stoschek Collection, Leipziger Straße 60, 10117 Berlin
Führung (nur für Teilnehmer/innen)
In Kooperation zwischen dem Arbeitsbereich Neueste Kunstgeschichte / Modern and Contemporary Art des Kunsthistorischen Instituts der FU Berlin und dem Lehrbereich Kunstgeschichte der Moderne des Instituts für Kunst- und Bildgeschichte der HU Berlin findet im Wintersemester 2019/2020 erstmals das gemeinsame Berliner Graduierten-Symposium für moderne und zeitgenössische Kunstgeschichte statt.
Ziel der jährlichen Nachwuchstagung ist es, fortgeschrittenen Master-Kandidat/innen und Promovierenden zu Beginn der Dissertation die Möglichkeit eines intensiven Austauschs über geplante und laufende Projekte im Forschungsfeld der Geschichte und Theorie künstlerischer Praktiken und visueller Phänomene von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart zu bieten. Die fachliche Diskussion soll dabei jeweils durch ein übergeordnetes Thema der Veranstaltung gerahmt werden.
Unter dem Titel Medium Matters: Transformationen des Kunstwerks in Moderne und Gegenwart ist das diesjährige Graduierten-Symposium dem Verhältnis, den Divergenzen und Verflechtungen von künstlerischen und technischen Medien gewidmet.
Die Kunstgeschichte der Moderne und Gegenwart lässt sich ohne eine Reflexion der Medien, in denen sich ihre Gegenstände manifestieren, nicht schreiben. Bereits seit Mitte der 1970er-Jahre hat die kunsthistorische Forschung aus diversen Perspektiven zu analysieren versucht, inwiefern traditionelle künstlerische Medien wie Malerei, Skulptur, Druckgraphik und Zeichnung – und die mit ihnen verbundenen Konzepte der Autor/innenschaft, künstlerischen Praxis, Kompetenz und ästhetischen Erfahrung – durch Techniken der Reproduktion, Speicherung und Übertragung zunehmend herausgefordert wurden.
Während in der Auseinandersetzung mit der Kunst der Moderne diesbezüglich vor allem auf den veränderten Stellenwert von Mimesis, Repräsentation und künstlerischen Fertigkeiten fokussiert wurde – von Debatten zur Fotografie ab dem 19. Jahrhundert über die Dekonstruktion von Bild und Objekt durch die Avantgarden zu Beginn des 20. Jahrhunderts bis hin zur modernistischen Apologie der Abstraktion als Negation massenmedialen Kitsches und zur Krux minimalistischer Buchstäblichkeit –, machen zahlreiche künstlerische Praktiken der Gegenwart eine grundlegende Erweiterung oder Transzendierung des Medienverständnisses der Kunstgeschichte erforderlich, die über Konzepte der Medienspezifik weit hinausgehen.
Spätestens in Folge einer „Demateralisierung“ des Kunstwerks – in der rückwirkend oftmals der Beginn der Gegenwartskunst gesehen wird – schienen ästhetische Praktiken nun nicht länger „medienspezifisch“, sondern „generisch“ zu verfahren (Thierry de Duve), d. h. weder an etablierte Konventionen noch validierte Materialien gebunden zu sein. Unter solchen „postmedialen“ (Rosalind E. Krauss) Bedingungen treten ab Mitte der 1960er-Jahre Fotografie, Video und Film, Texte bzw. Typographien und Diagramme, Sounds und Noise sowie schließlich computer-generierte Arbeiten und Installationen nicht mehr nur in einen Konflikt zu den tradierten Medien, sondern zunehmend an deren Stelle. Parallel zeigt sich in Praxis und Theorie aber die Tendenz, eben dieser Erweiterung des künstlerischen Feldes im Namen immer neuer technologischer Möglichkeiten (inklusive „virtual“ oder „augmented reality“) mittels einer Betonung der Obsoleszenz, Materialität und mnemonischen Matrix konkreter Verfahren und Vorrichtungen (wie analogen Film- oder Diaprojektionen, manuell gefertigten Animationsfilmen oder Textilien) zu begegnen. Diese Gegenbewegung betrifft noch die sogenannte „post-internet art“ und kinematographische Praktiken nach dem „documentary turn“.
Im Zeitalter seiner mechanischen wie digitalen Reproduzierbarkeit scheinen De- und Rematerialisierungen des Kunstwerks in Rekursionen, die nicht mehr durch eine Dialektik von Massenmedien und (Neo-)Avantgarden theoretisch zu bewältigen sind, aufeinander bezogen zu sein; vielmehr werden alternative methodische Zugänge zu den Materialitäten künstlerischer Produktion erforderlich. In diesem Sinne beabsichtigt das Graduierten-Symposium 2019, die in den vergangenen Jahren international begonnene, interdisziplinäre Debatte zwischen zeitgenössischer Kunstgeschichte und Medienwissenschaft fortzuführen und zu intensivieren.
Kontakt:
Johanna Függer-Vagts Mag.a, Humboldt-Universität zu Berlin
johanna.fuegger-vagts@hu-berlin.de