Fundstück #13

#13 Budapest Hotel

Foto: Nikolaus Bernau (CCBYNC 4.0).

Beim Katalogisieren von Bildbeständen tauchen immer wieder Bildmotive auf, die schon aus anderen Beständen bekannt sind. In diesem Fall waren es die sich mit vertikalen Betonverkleidungen abwechselnden, bronzefarben getönten Scheiben in einem Innenhof. Sie fanden sich auf unbeschrifteten Dias von Nikolaus Bernau und erinnerten mich an bereits bearbeitete Dias von Peter H. Feist aus dem abgeschlossenen Projekt „Denkmalbilder“. Die charakteristische Fassadengestaltung half beim Identifizieren: Nach einer kurzen Suche in der Datenbank war das Rätsel gelöst – es handelt sich bei den Fenstern um die des Hilton Hotels in Budapest.
Mitten im Burgviertel auf der Budaer Seite wurde 1976-77 nach Plänen von Béla Pintér (1925-1992) das erste Hilton Hotel Osteuropas erbaut. Er schuf damit ein modernes Gebäude, welches sich in der äußeren Gestalt stark von der Umgebung absetzt, jedoch zum Teil die historische Substanz integriert. Es wurde über dem aus dem 13. Jahrhundert stammenden Dominikanerkloster St. Nikolaus und dem benachbarten ehemaligen Jesuitenkonvent errichtet. Dessen spätbarocke Fassade blieb ebenso erhalten wie Teile des Klosters und der zwischen den Gebäudeteilen stehende spätgotische Kirchturm.

Das über dem Kloster errichtete kubische Hotelgebäude mit seinem teilweise gestuften Mansardflachdach erhält durch die pilasterartig hervorstehenden großen getönten Glasflächen der Fassade eine stark vertikale Gliederung, in der sich die umliegenden historischen Gebäude wie etwa die Matthiaskirche, die Dreifaltigkeitsstatue oder die Fischerbastei spiegeln.
Die beiden Fotografen waren zu unterschiedlichen Zeiten in Budapest – Feist im Jahr 1984 und Bernau 1997 – und wählten unterschiedliche Ausschnitte.
Im Feist-Bestand finden sich vier Dias, die das Hilton Hotel oder Teile davon zeigen. Seine Aufnahmen vermitteln eine räumliche Vorstellung vom städtebaulichen Kontext, einmal mit einem Teil der Fischerbastei (Abb. 1), oder in der Zusammenschau der historischen Fassade des Jesuitenkonvents mit dem Eingang, des neu bekrönten St. Nikolaus Kirchturms sowie des Neubaus über den Klosterruinen im Hintergrund (Abb. 2).

(Abb. 1, P.H. Feist)

(Abb. 2, P.H. Feist)

Bernau, der den mittlerweile 20 Jahre alten Bau dreizehn Jahre später besichtigte, gibt uns einen interessanten Einblick hinter die Fassade und fotografiert in 13 Bildern die Überreste der ehemaligen Klosterkirche und des Kreuzganges. Die erhaltenen Pfeiler und Gewölbeansätze des einstigen Kirchenschiffes werden von der modernen Glasfront eingerahmt (Abb. 3). Der ehemalige, langgestreckte Chor wurde zur Terrasse mit Ausblick auf das gegenüberliegende Donauufer mit dem Parlamentsgebäude (Abb. 4).

(Abb. 3, N. Bernau)

(Abb. 4, N. Bernau)

So zeigen uns beide Diabestände verschiedene Blickwinkel auf die Stadt Budapest und ihre Architektur. Während wir bei Feist einen Eindruck von der Umgebung des Ortes erhalten und er sich nicht zwingend nur auf ein Objekt konzertiert, zeigen Bernaus Bilder die bewusste Fokussierung auf eine bauliche Schnittstelle.
Damit ergänzen sich die beiden Bildbestände aus verschiedenen Zeiten und ermöglichen uns einen differenzierten Eindruck des architekturhistorisch wie städtebaulich faszinierenden Bauwerks aus den späten 1970er Jahren in historischer Umgebung.

(AP)

(Link zur Auswahl mit dem Bildmotiv Hilton Hotel in Budapest: https://rs.cms.hu-berlin.de/ikb_mediathek/pages/search.php?search=q2673309)

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Fundstück #12

#12 Der Mann mit dem Schaf

Fotos: Peter H. Feist.

Im August 1991 unternahm Peter H. Feist, der im Jahr zuvor die Leitung des Instituts für Ästhetik und Kunstwissenschaften an der Akademie der Wissenschaften aufgegeben hatte und nun im Ruhestand war, gemeinsam mit seiner Frau im eigenen Wagen eine Reise in die Provence und an die Côte d’Azur. Obwohl es sich eher um eine touristische Reise handelte, die nicht direkt mit einem Arbeitsvorhaben verbunden war, fotografierte Feist wieder zahlreiche ihn interessierende Monumente.

Das Bild in der Mitte zeigt die mit nicht ganz gerade gehaltener Kamera angefertigte Aufnahme der Rückseite eines Bronzedenkmals auf einem Platz. Die Bronzefigur „Der Mann mit dem Schaf“ („L’homme au Mouton“), ein in betont roher Manier gehaltenes Werk, dessen Aussage zwischen dem Motiv des Guten Hirten und einer Opferungsszene schwankt, hat Pablo Picasso in den Jahren 1942-43 im besetzten Paris entworfen. Er schenkte einen der drei angefertigten Bronzeabgüsse 1950 der Stadt Vallauris, wo er zeitweilig lebte.

Der schiefe, als fotografischer Mangel erscheinende Bildausschnitt deutet darauf hin, dass Feist auch die Gruppe der sommerlich bekleideten Touristen, die die Plastik ansehen und darüber sprechen, auf dem Bild haben wollte. Immer wieder hat der Kunsthistoriker Menschen im Umgang mit Kunstwerken in Museen und im Freien fotografiert. In einer Zeit, in der noch nicht überall Smartphones zum Fotografieren und Filmen hochgehalten wurden, war das eher auffällig. Daher entstand diese Aufnahme vielleicht schnell, aus dem Moment heraus. Zwei weitere Aufnahmen Peter H. Feists zeigen die Plastik von vorn und von der Seite. Da ging es offenbar nur um das Werk und der Bildausschnitt ist jeweils gerade.

Man mag sich nun fragen, welche Bilder heute interessanter sind: Aufnahmen, die die Zeitsituation und die Rezeption einfangen, oder eher sachliche Dokumentationen des Objekts. Auch letzterer Hinsicht sind Peter Feists Aufnahmen keineswegs obsolet. Zwar sind Aufnahmen von Kunstwerken inzwischen leicht über das Internet zu bekommen, aber dennoch sind Feists Bilder von Picassos Plastik in Vallauris die ersten und einzigen in der prometheus-Bilddatenbank.

(GS)

(Link zum Datensatz: https://rs.cms.hu-berlin.de/ikb_mediathek/pages/view.php?ref=21235)

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Fundstück #11

#11 Marken- und Medienwandel

Fotos: Fa. Dr. Franz Stoedtner. Digitalisate: Mediathek des IKB.

Es brauchte eine kleine Recherche, um zu verstehen, welche bedeutende Firma hinter dem Produktnamen „Stoe-Dia“ stand, den wir auf Kleinbilddias lasen. Es ist die Firma Stoedtner, die einst unbestrittener Marktführer, wenn nicht beinahe-Monopolist für kunsthistorische Dias im Großformat war. Sie produzierte unter dem Namen Stoe-Dia zuletzt nur noch Kleinbilddias für Museen, wie hier für das Wallraf-Richartz-Museum in Köln.

Da die Herstellung von Dias mit der Einführung des 35mm-Films technisch einfach geworden war, und immer mehr hochwertige gedruckte Abbildungen verfügbar waren, wurde das Abfotografieren, das auch viel billiger als der Kauf von fertigen Dias war, ab den 1960er Jahren an den meisten kunsthistorischen Diatheken zum Prinzip der Diaproduktion. Die exklusive Zusammenarbeit mit Museen war somit eines der wenigen Marktsegmente, die für kunsthistorische Diaverlage übrig blieben.

Die Geschichte der Firma Stoedtner, die nach dem 2. Weltkrieg von Berlin nach Düsseldorf umsiedelte, hatte eigentlich an unserem Institut begonnen. Franz Stoedtner (1870-1946), der an der Berliner Universität Kunstgeschichte studiert hat und von Herman Grimm 1895 mit einer Arbeit zu Hans Holbein promoviert wurde, erkannte, dass sich mit der am Institut gerade begonnenen Diaprojektion ein neuer Markt auftat. Anstatt eine wissenschaftliche Karriere zu verfolgen, gründete er ein „Institut für wissenschaftliche Projektion“ und stellte Glasdias mit schwarzweißen Abbildungen her, die er überwiegend selbst fotografierte. Die Firma, die später kurzzeitig in unmittelbarer Universitätsnähe – Universitätsstraße 3b – siedelte, wie man auf den Etiketten sehen kann, war bereits nach wenigen Jahren stark gewachsen. Sie bediente in den ersten Jahrzehnten des 20. Jh. fast einen Weltmarkt mit einem Sortiment von Zigtausend Motiven von Architektur und Städtebau über Skulptur bis Malerei und Grafik. Auch in der Glasdiasammlung des IKB befinden sich zahlreiche Stoedtner-Dias, wie das gezeigte Exemplar mit Reliefs vom Denkmal des Großen Kurfürsten.

Nachdem Franz Stoedtner 1946 gestorben war, übernahm die Kunsthistorikerin Ottilie Rady, die ihn noch 1942 geheiratet hatte, die Firma, überließ sie jedoch 1959 dem Prokuristen Heinz Klemm. Das gezeigte, vielleicht aus den 1970er Jahren stammende Dia mit einem Selbstporträt von Lovis Corinth, befindet sich in der Sammlung Peter H. Feist und wurde von ihm wohl bei einem seiner wiederholten Besuche in Köln gekauft.

(GS)

(Link zum Datensatz (Kleinbild): https://rs.cms.hu-berlin.de/ikb_mediathek/pages/view.php?ref=17978; (Großbild): http://imeji-mediathek.de/imeji/collection/hFfmQSuYGYX2mJzI/item/6aB1BJ9R_2JDcKbX)

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Fundstück #10

#10 Rotes Konkav

Foto: Peter H. Feist.

In der Tageszeitung ‚Neues Deutschland‘ vom 12.05.1975 sind folgende Worte zu lesen: „Gegenwärtig ist nun im alten Museum in den Räumen der Neuen Berliner Galerie ‚Italienische Plastik der Gegenwart‘ zu sehen.“ Mit rund 100 Plastiken von Künstlern wie Emilio Greco (1913-1995) und Giò Pomodoro (1930-2002) bot die Ausstellung einen Einblick in fast 70 Jahre italienischer Bildhauerkunst des 20. Jahrhunderts. Peter H. Feist fertigte dort bei einem Besuch eine Reihe von Aufnahmen an, die heute Bestandteil der Diasammlung der Mediathek sind.

Das hier abgebildete Fundstück ist eine Fotografie der Plastik ‚Rotes Konkav‘ (concavo rosso) des florentinischen Bildhauers Marcello Guasti (1924-2019). Unsere Aufmerksamkeit wird sofort zur Spiegelung auf der Oberfläche des aus verchromtem Bronze und rostfreiem Stahl bestehenden Kunstwerks gezogen. Diese Aufnahme ist zugleich eine Abbildung eines Artefakts in einer bestimmten Situation, nämlich in der Ausstellung im Alten Museum und gleichzeitig ein neues Werk in der Art von M. C. Eschers (1898-1972) Selbstporträt ‚Hand mit spiegelnder Kugel‘ von 1935.

In unserem Bild wird jedoch das Gesicht des Schöpfers, der sich sorgfältig im Zentrum der Konkavität des Kunstwerkes platzierte, von der Kamera verdeckt und erscheint so nur als eine verschleierte Präsenz inmitten eines deformiertes Raumes mit verzerrten Gestalten. Ob Peter H. Feist hier tatsächlich mit der Absicht der Schöpfung eines Selbstbildnisses oder eines Bildes vom Fotografieren auf den Auslöser drückte, oder ob sich der Bildeffekt unvermeidlich aus der Beschaffenheit des Artefakts ergab, muss offen bleiben.

(DC)

(Link zum Datensatz: https://rs.cms.hu-berlin.de/ikb_mediathek/pages/view.php?ref=12806)

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Fundstück #9

#9 Fade to Pink

Fotos: s. Beschriftung bzw. unbekannt.

Farbe sticht bei unseren Kleinbildsammlungen nicht nur bei den Rähmchen ins Auge (Fundstück #8), sondern auch beim Diafilm selbst. Hier sind erneut die gekauften Stücke aufflällig. Sie wurden in der Regel von professionellen Fotograf:innen aufgenommen und weisen daher bei Ausleuchtung, Belichtung, Freistellung der Objekte, Bildausschnitt und Kamerastandpunkt Merkmale professioneller Fotografien auf. Aber während ein selbst aufgenommenes Dia immer ein Original darstellt, das genau einmal auf dem vor Ort verwendeten Film aufgenommen wurde, sind die gekauften Dias Ergebnisse eines Kopiervorgangs, bei dem gelegentlich hohe Auflagen produziert wurden – ähnlich wie bei Filmkopien fürs Kino.

Der Vervielfältigungsprozess beeinträchtigt die Bildqualität grundsätzlich in Hinblick auf Schärfe, Kontrastumfang und Farbwerte. Zudem scheint das für Kopierzwecke eingesetzte Filmmaterial, sogenannter Duplikatfilm, besonders stark zum Farbverfall zu neigen. Der Verfallsprozess verläuft meist dahin, dass nur Farbtöne aus dem Rot-Rosa-Violett-Spektrum übrigbleiben.

Einerseits ist der Farbverfall ein Schaden, der beispielsweise die Beurteilung des Kolorits eines Gemäldes weitgehend unmöglich macht. Andererseits kann er aber auch neutral als eine Transformation des Objekts angesehen werden, die diesem eine neue und eigene ästhetische Qualität verleiht und außerdem Teil von dessen Geschichte ist, wie das Léonie Cujé und Aila Schultz in der letzten Vitrinenausstellung in der Mediathek thematisiert haben.

In der Sammlung Peter H. Feist findet sich ein gewisser Prozentsatz von – teils in eigene Rahmen montierten und von Hand beschrifteten – Dias aus ganz unterschiedlichen Quellen in Ost und West, denen gemeinsam ist, dass sich die Farbtöne nach mehreren Jahrzehnten auf das Rotspektrum reduziert haben. Abgesehen davon, dass wir die Sammlung in ihrer ganzen Struktur erhalten und dokumentieren wollen, wäre ein vorgängiges Aussortieren zu aufwändig gewesen.

So begegnen uns immer wieder Objekte wie die eher bräunliche Maya von Goya aus dem Prado, der rosafarbene Akt von Corinth in Hannover, das orangebraune Frauenporträt von Höckert aus Stockholm, die weinrote Erfurter Barfüsserkirche von Feininger in Stuttgart, der auberginenfarbige Defregger in Wien, das pflaumenfarbige Berliner Schloss von Roch, oder die lediglich noch aus violetten Schatten bestehende Aufnahme des Parks von Schloss Peterhof in Russland.

(GS)

(Link zu den Datensätzen: https://rs.cms.hu-berlin.de/ikb_mediathek/pages/search.php?search=%21collection7122)

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Fundstück #8

#8 Bunte Rahmen

Fotos: Kienberger, unbekannt [Imago Strahlbild], Korff

Die Diasammlung von Peter H. Feist enthält nicht nur eigene Aufnahmen, sondern auch gekaufte Dias. Vor allem bei Kunstwerken in Museen griffen auch fotografierende Kunsthistoriker*innen oft zu den käuflichen, zumeist von externen Bildverlagen hergestellten Dias. In der Regel waren diese in Serien mit den Highlights der Sammlung von 6, 12 oder mehr Stück erhältlich. Allenfalls in großen Gemäldesammlungen waren Dias einzeln verfügbar. Auch bei Schlössern oder großen Kirchen wurden Diaserien angeboten. Deren vor allem auf eine touristische Abnehmerschaft zielende Auswahl enthielt meist eine Mischung aus Aufnahmen des Gebäudes und der Ausstattungsstücke. All dies muss wohl in der Vergangenheitsform berichtet werden, da heute allenfalls irgendwo noch Restbestände anzutreffen sind.

Wenn die Dias in Klarsichttaschen zum Verkauf präsentiert wurden, ermöglichte das nicht nur eine direkte Betrachtungen der Bildmotive, sondern es waren auch die Rahmen sichtbar. Damit sie auch an Kiosken und in Souvenirläden ins Auge fallen, wurden diese anstelle von nüchternem Weiß oder Grau gelegentlich bunt gestaltet. Die Dias zum König-Ludwig-Schloss Linderhof in hellblauem Kunststoff mit angedeuteter Guckkastenperspektive wollen schon ohne Projektor zur Betrachtung der Aufnahme einladen. Diese Erzeugnisse der regional tätigen Firma Kienberger hat Peter H. Feist vielleicht bei einem seiner Aufenthalte in München, jedoch nicht unbedingt vor Ort, erworben.

Besonders beliebt waren Diaserien in der DDR und in Osteuropa, die zum Zweck der Volksbildung auch vergleichsweise günstig erhältlich waren. Das Bestreben, mit auffälliger Gestaltung auf die Produkte aufmerksam zu machen, bestand aber ebenfalls, wie etwa die Dias der Firma Imago Strahlbild zeigen. Die zum VEB Kamenzer Spielwaren gehörige Firma produzierte vor allem Kinder- und Märchen-Motive, aber auch die Reihe “Heimat und Ferne”, wozu auch die Aufnahmen aus dem Museum der Bildenden Künste Leipzig gehören, die sich in der Sammlung Feist finden. Die gelben Vorderseiten der Rahmen sind mit roten Beschriftungen bedruckt, wobei die Qualität des Gummidrucks nicht besonders hoch ist. So lässt sich hier das Firmenlogo am unteren Rand, das zugleich als Markierung zum richtigen Einschieben des Dias in den Projektor dient, kaum erkennen.

In schlichtem Grau gehalten waren in der Regel die Dias der DEFA, des zentralen Filmunternehmens der DDR, das die meisten kunsthistorischen Serien produzierte. Farbige Rahmen finden sich aber bei manchen, touristisch besonders relevanten Angeboten, wie hier die roten Rahmen der Serie zu Sanssouci.

(GS)

(Aufruf aller Dias der Hersteller Kienberger, Imago Strahlbild, DEFA im Sammlungskatalog)

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Fundstück #7

#7 Arbeiterveteran Wolf

Foto: Peter H. Feist

Ein Forschungsschwerpunkt von Peter H. Feist und entsprechend ein Schwerpunkt seiner Aufnahmen war die Bildhauerei des 19. und 20. Jahrhunderts, insbesondere auch die der DDR. Auf welcher Ausstellung Peter Feist den Porträtkopf des “Arbeiterveteran Wolf aus Leuna” des in Halle tätigen Bildhauers Martin Wetzel 1963 fotografiert hat, ist nicht vermerkt. Das in Gips gearbeitete Werk war im Jahr zuvor entstanden. Der Porträtierte muss eine erhebliche Bekanntheit besessen haben, denn auch der ebenfalls in Halle arbeitende Bildhauer Gerhard Lichtenfeld hat 1961 einen Porträtkopf von ihm geschaffen (Wissenschaftliche Zeitschrift der Friedrich-Schiller-Universität Jena: Gesellschafts- und sprachwissenschaftliche Reihe, 18.1969, S. 64), den Peter H. Feist jedoch nicht fotografiert hat.

Bislang konnten wir weder den aktuellen Standort der Werke, noch die Identität des Dargestellten ermitteln. Aus Altersgründen war es wohl nicht jener in den Leunawerken tätige Schweißer Georg Wolf gewesen sein, der noch ein Jahrzehnt später, 1972, beim Staatsbesuch von Fidel Castro diesem als Geschenk einen Karabiner der Märzkampf-Arbeiterbrigade von 1921 überreichte (Neues Deutschland 16.06.1972).

Das staatliche Fördersystem der DDR für die bildenden Künste ermöglichte Ausstellungen und Publikationen in hoher Auflage, in denen die Werke oft mit einer gewissen Routine besprochen wurden. Über das abgebildete Werk formulierte Wolfgang Hütt im Katalog “Junge bildende Künstler der DDR, Skizzen zur Situation der Kunst in unserer Zeit” Leipzig 1965 (Auflage: 8000 Stk.) dialektisch auf Seite 158: “Man findet an den Figuren Wetzels oft typisierte Gesichter. Sie entstanden aus dem notwendigen Streben nach der geschlossen plastischen Form. Die Typisierung ist sofort aufgehoben, wenn der Bildhauer Porträtbüsten schafft, obwohl auch in ihnen die eindringliche Charakteristik (“Arbeiterveteran Wolf”) nie auf Kosten der zusammenfassenden Form geht. Vielmehr ergänzt sich beides und steigert in der Einheit des Gegensätzlichen den Ausdruck.”

(GS)

Postskriptum 28.10.2020: Anders als angegeben, hat Peter H. Feist – drei Jahre später – auch das erwähnte Werk von Gerhard Lichtenfeld fotografiert. Das Dia, das sich an ganz anderer Stelle befand, ist bezeichnet als “alter Leunaarbeiter Wolf”. Allerdings enthält es ebenfalls keine Angabe, wo sich das Werk befindet. (Link zum Datensatz: https://rs.cms.hu-berlin.de/ikb_mediathek/pages/view.php?ref=21002)

(Link zum Datensatz: https://rs.cms.hu-berlin.de/ikb_mediathek/pages/view.php?ref=14189)

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Fundstück #6

#6 Deutschland, die Unbekannte

Foto: Peter H. Feist

Das Jahr 1988, in dem Peter H. Feist das 60. Lebensjahr vollendete, war, wie er selbst in seiner Autobiographie schreibt, für ihn voller Aktivität, während sich zugleich die politischen Umbrüche bemerkbar machten.

Eine für die DDR-Kunstszene Aufsehen erregende Ausstellung von Zeichnungen von Joseph Beuys in der Akademie der Künste, eine Denunziation an der Arbeitsstelle in der Akademie der Wissenschaften, eine Reise nach Moskau, eine Tagung an der Universität in Bonn, auf der er einen Abriss zur DDR-Kunst gab, sowie nicht zuletzt die – von ihm selbst nicht erwähnte – Verleihung des Vaterländischen Verdienstordens waren wichtigste Ereignisse dieses Jahres. Weitere Reisen führten ihn an die Ostsee, nach Wittenberg und nach München, wo er eine Sitzung des Comite International d’Histoire de I’Art besuchte und Regensburg und die Walhalla besichtigte. Irgendwo auf diesen Reisen, wohl aber in Deutschland, hat Peter Feist diese Statue aufgenommen, jedoch das Dia nicht beschriftet – vielleicht weil er selbst nicht mehr wusste, worum es sich handelt.

Wie auf dem Bild erkennbar, ist die mit langen Haaren, Kleid und Hermelin-Umhang gestaltete Figur durch die Beschriftung „Deutschland“ als Personifikation – vielleicht als Teil eines Zyklus’ – aufgefasst. Sie ist im Begriff, einer auf einer Säule platzierten Büste, die unzweifelhaft Albrecht Dürer darstellt, einen Lorbeerkranz aufzusetzen. Das Werk ist also im Kontext der partriotischer Dürer-Vererhrung zu sehen, die seit Beginn des 19. Jh. anhob – oft auch in direktem Bezug zu Raffael, wie das 1833/34 von Johann Christian Lotsch und Johann Nepomuk Zwerger geschaffene Büstenpaar im Germanischen Nationalmuseum zeigt. Weitere, für die Walhalla bestimmte Dürerbüsten stammen von Joseph Kirchmayer und Christian Daniel Rauch. Letzterer hat auch das zum 400. Geburtstag geplante, aber erst 1840 in Nürnberg aufgestellte bronzene Dürer-Denkmal entworfen. Irgendwann nach dieser Phase der Etablierung des Dürerbilds ist die Statue auf dem Dia, deren Lokalisierung und Identifizierung uns noch nicht gelungen ist, anzusetzen.

(GS)

Postscriptum 16.10.2020: Über ein – anderswo einsortiertes – beschriftetes weiteres Dia mit einer Aufnahme von P.H. Feist von derselben Figur hat sich die Identifizierung gelöst: Es handelt sich um die Figur “Deutschland” aus dem zwischen 1876 und 1882 für die Kasseler Gemäldegalerie geschaffenen Zyklus von Länderfiguren von Carl Friedrich Echtermeier. Aus dem Vergleich mit der Parallelaufnahme ergibt sich auch, dass die Jahresangabe 1988 möglicherweise irrig ist und eigentlich 1977 heißen müsste. Damit stehen die oben referierten Reisen Feists aus dem Jahr 1988 nicht in Beziehung zu dieser Aufnahme. Den Hintergrund hier bildete ein Besuch der documenta 6 in Kassel, den Feist auch für Besuche der ständigen Sammlungen nutzte.

(Link zum Datensatz: https://rs.cms.hu-berlin.de/ikb_mediathek/pages/view.php?ref=21474)

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Fundstück #5

#5 Barockplastik oder Fahrzeugdesign?

Foto: Peter H. Feist

Peter Feist hat auf seinen Reisen, wie hier in Wien 1960, zahllose Aufnahmen von Bauwerken und anderen Monumenten angefertigt. Gemäß Beschriftung ist der Gegenstand dieses Dias der 1739 fertiggestellte Brunnen auf dem heutigen Neuen Markt (früher Mehlmarkt). Die von Georg Raphael Donner entworfenen und in einer Blei-Legierung gegossenen Figuren personifizieren die vorausschauende Regierung (providentia) und vier Flüsse der österrreichischen Stammlande, die in die Donau münden: Enns, March, Traun und Ybbs.

Bei Besichtigungstouren kann nicht mit optimalen Aufnamenbedingungen gerechnet werden. Wetter und Sonnenstand, aber auch Zugänglichkeit und freie Sichtbarkeit der Objekte sind kaum zu wählen. Ein typisches Problem sind parkende Autos – in den 1950er bis 1970er Jahren fast mehr als heute, nachdem um die Monumente herum oft autofreie Zonen geschaffen wurden. Gelegentlich scheint es aber, als sei Peter Feist gerade auch an den Automodellen, deren Vielfalt in den westeuropäischen Ländern größer war, interessiert gewesen. Auf dieser Aufnahme sind der kleine Sunbeam Rapier, Serie III, und seine jugendlichen Insassen, die wiederum für ein Foto posieren, wohl der eigentliche Bildgegenstand.

(GS)

(Link zum Datensatz: https://rs.cms.hu-berlin.de/ikb_mediathek/pages/view.php?ref=4231)

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Fundstück #4

#4 Die Kathedralen von Rouen

Fotos: Peter H. Feist

Die beiden Gemälde der Kathedrale von Rouen gleichen sich auf den ersten Blick fast zum Verwechseln, dies auch deswegen, weil sie beide mit dem bei den Impressionisten so beliebten goldenen Neorokoko-Rahmen versehen wurden. Sie sind Teil einer der vielen Serien Claude Monets zu verschiedenen Sujets, worunter die Westfassade der Kathedrale von Rouen zu den bekanntesten gehört. Aber eigentlich ging es, wie der russische Suprematist Malewitsch einmal sagte, dem Maler Monet “nicht um die Kathedrale, sondern um die Malerei”.

Die beiden Gemälde sind nicht nur zwei unterschiedliche Stücke. Sie hängen auch in den Nationalgalerien der Hauptstädte zweier Staaten, die zum Zeitpunkt der Aufnahmen – in den 1980er Jahren – als verfeindete Supermächte der Welt galten: Washington und Moskau, USA und Sowjetunion. Aus heutiger, global orientierter Perspektive erscheint das Paar der über alle Ost-West-Spaltung hinweg verehrten Gemälde Monets eher als Ausdruck eines noch sehr auf europäische Kunst-Meilensteine bezogenen, gemeinsamen Kulturhorizonts der Nordhalbkugel.

(GS)

(Link zu den Datensätzen: https://rs.cms.hu-berlin.de/ikb_mediathek/pages/search.php?search=%21collection7032)

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