Dia von ca. 1890/1900 mit der Kopie der Madonna des Bürgermeisters Meyer von Hans Holbein d.J. (Dresden, Gemäldegalerie), Schenkung Huskamp, Digitalisat Mediathek des IKB
Dieses Fundstück eines Glasdias stammt nicht aus der Lehrbildsammlung, sondern aus einer kleinen Schenkung aus Privatbesitz, die die Mediathek im Jahr 2019 erhalten hat. Es reproduziert ein Gemälde, das den Basler Bürgermeister Jakob Meyer mit seiner Familie betend vor der in einer Nische stehenden stehenden Madonna zeigt. Das Gemälde befand sich seit dem 18. Jahrhundert als ein Hauptwerk Hans Holbeins d.J. (1497/8 – 1543) im Besitz der Dresdner Gemäldegalerie und wurde dort als herausragendes Exponat der deutschen Schule dem italienischen Hauptwerk der Sammlung, Raffaels Sixtinischer Madonna, gegenübergestellt.
Diese Rolle wurde schlagartig in Frage gestellt, als 1822 ein fast identisches, offensichtlich ebenfalls altes Gemälde auftauchte, das Prinz Wilhelm von Preussen über den Kunsthandel aus lothringischem Besitz für seine hessische Gemahlin Marianne erworben hatte und das – nachdem es zunächst im Berliner Schloss hing – später über die Tochter des Paares nach Darmstadt vererbt wurde. Welches der beiden war nun das Original? Das Dresdner Bild war mit einer Provenienz aus der Sammlung der Maria de Medici, die das Werk bereits in den 1630er Jahren als Holbein erworben hatte, und dem Umstand, dass es sich seit Jahrzehnten in einer der brühmtesten Gemäldesammlungen Europas befand, zunächst klar im Vorteil.
Über die folgenden Jahrzehnte hinweg nahm der bald so genannte Holbeinstreit eine zentrale Rolle in der deutschen Kunstwissenschaft ein. Udo Kultermann hat den Vorgang mit einem eigenen Kapitel in seiner 1966 erschienenen Geschichte der Kunstgeschichte gewürdigt und in jüngerer Zeit war er erneut Gegenstand von Ausstellungen, Aufsätzen und Monografien (Andreas Beyer 2000; Ausst. Städel Frankfurt 2004, Lena Bader 2013, Bernhard Maaz 2014).
Zur Entscheidung der Auseinandersetzung wurden schließlich 1871 eine Ausstellung und ein eigener Kongress in Dresden organisiert, an dem neben dem Galeriedirektor Karl Woermann weitere bedeutende Kunsthistoriker und Museumsfachleute wie Wilhelm von Bode und Moritz Thausnig teilnahmen. Das Urteil, das sich gegen die vermeintlich das Gegenteil favorisierende historische Überlieferung stellte und die Darmstädter Madonna als das 1526 entstandene holbeinsche Original identifizierte, stützte sich in erster Linie auf formale Aspekte und war damit ein Triumph der Stilkritik. Später konnte dieses Ergebnis auch durch Schriftquellen und kunsttechnische Untersuchungen bestätigt werden. Das Dresdner Werk gilt seitdam als Kopie des aus Trier stammenden und in Holland und in der Schweiz tätigen Malers Bartholomäus Sarburgh (um 1590 – 1637), die im Auftrag eines Kunsthändlers in den 1630er Jahren angefertigt und dann in täuschender Absicht verkauft wurde.
Unser Dia wurde von dem von Adolphe Braun (1812-1877) gegründeten Fotounternehmen in Dornach bei Mühlhausen im Elsaß hergestellt und von der Firma Liesegang in Düsseldorf vertrieben. Braun hatte einerseits mit monumentalen Stilleben- und Landschaftsaufnahmen, andererseits aber als Pionier der kunsthistorischen Dokumentationsfotografie und durch verschiedene technologische Verfahren wie dem Pigmentdruck Fotografiegeschichte geschrieben. Er war einer der ersten, der systematisch Museumsbestände – neben Gemäldegalerien insbesondere graphische Sammlungen, da Zeichnungen besonders gut mit den damaligen technischen Mitteln wiedergegeben werden konnten – durchfotografierte.
Ob es sich bei der Aufnahme unseres Dias um eine Originalaufnahme Brauns handelt, die möglicherweise vor der Neuzuschreibung erstellt und auf den Markt gebracht wurde, ist nicht sicher. Unser Exemplar des Dias ist jedoch eindeutig jünger, da das Etikett bereits den ab 1889 verwendeten Namen der von Brauns Sohn Gaston mit Gesellschaftern fortgeführten Firma, Braun, Clément et Cie, zeigt. Dies vorausgesetzt ist nun auffallend, dass das Unterehmen von den zwischenzeitlichen kunsthistorischen Erkenntnissen offenbar völlig unbeeindruckt blieb und das Bild auf den in französischer Sprache abgefassten Etiketten weiterhin als Originalwerk Holbeins ausgab.
Abb. 2. Koloriertes Dia, vermutl. der 1920er Jahre, aus der Lehrsammlung des IKB mit der sog. Madonna des Bürgermeisters Meyer von Hans Holbein d. J. (vormals Darmstadt, Schlossmuseum; heute Slg. Würth, Schwäbisch Hall). Fotograf: unbekannt, Digitalisat: Mediathek des IKB
Nun wäre noch zu fragen, welche Spuren des Holbeinstreits hingegen in der Lehrsammlung des Instituts zu finden sind. Die überraschende Erkenntnis ist: Eigentlich keine. Bislang wurde nur ein einziges, zudem koloriertes Dia zum Darmstädter Original gefunden (Abb. 2). Da das Dia keine Inventarnummer trägt und zu einer Reihe kolorierter Dias gehört, solche aber wegen ihrer oft als verfälschend kritisierten Farben eher nicht eingesetzt wurden, kann dieses kaum gezählt werden. Für eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Thema wären außerdem weitere Dias mit Detailaufnahmen zu erwarten, die ebenfalls fehlen. Daher ist anzunehmen, dass Diabestände zu diesem bedeutenden Werk(paar) entweder verloren gingen, oder dass die Auseinandersetzung um Holbeins Gemälde in der akademischen Lehre der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts – der Zeit des Einsatzes der Glasdias aus der Lehrsammlung – nicht mehr von Interesse war. (G.S.)
Nachbemerkung zum Kleinkonvolut aus dem das Dia stammt: Der ursprüngliche Herkunfts- und Nutzungszusammenhang der 18 Dias ist unbekannt. Durch eine Nummernreihe (die zwar vollzählig ist und keine Doppelungen aufweist, aber wohl von unterschiedlichen Händen notiert ist), scheinen die Bilder eine Serie zu bilden, die auch einer ungefähren Chronologie folgt. Allerdings ergibt die Zusammenstellung aus Kathedralfassaden u. – portalen bzw. deren Figurenschmuck und einigen altniederländischen und altdeutschen Gemälden (am Ende steht das vermeitliche Holbein-Bild) auf den ersten Blick keinen thematischen Zusammenhang. Zwei Dias zeigen darüber hinaus Werke der klassischen Antike und fallen auch durch die römische Nummerierung ohnehin aus der Reihe. Diese beiden und ein weiteres Dia besitzen das eher im Populärbereich, weniger an den Universitäten verbreitete Quadratformat von 8,5 x 8,5 cm.
Die Dias sind vergleichsweise alt. So tragen die enthaltenen Stoedtner-Dias die älteste Version des Firmenetiketts, das auf den ersten, wohl von 1895 bis 1904 gültigen Sitz der Firma in der Bremer Str. in Moabit verweist, bevor die Firma in die Universitätsstraße umzog. Eines der Stoedtner-Dias trägt den Aufkleber „Originalaufnahme 1904“, kann also wiederum frühestens in jenem Jahr entstanden sein. Die Dias können jedoch aus unterschiedlicher Zeit stammen und daher teils älter sein. Da die Marken Braun und Liesegang bisher nicht in der Sammlung vertreten waren, bildet das Konvolut trotz der geringen Zahl eine wichtige Ergänzung des Glasdiabestands. Auffallend ist im Vergleich zur Lehrsammlung, dass die Dias trotz ihres hohen Alters kaum Benutzungsspuren aufweisen.
Die Diapositive und Fotos aus den Sammlungen des Instituts für Kunst- und Bildgeschichte tragen verschiedenste Spuren ihrer Herstellung und Nutzung und sind damit immer auch ein Stück Institutsgeschichte, Fachgeschichte oder Medien- und Technikgeschichte.
Die hier in loser Reihe vorgestellten Fundstücke sind als solche gemeint: Immer wieder fallen einzelne Objekte auf – aufgrund ihrer Beschaffenheit, aufgrund ihre Bildinhalte, aufgrund eines sonstigen Umstands – und geben Anlass zu weiteren Beobachtungen, Überlegungen, oder kleinen Recherchen. Wenn sich dann eine erste Geschichte abzeichnet, wird sie hier gelegentlich präsentiert. Nicht als Forschungsergebnis, sondern eher als Beobachtung, Vermutung, Frage, die zu weiterer Forschung führen kann. Zusätzliches Wissen in Form von Ergänzungen, aber auch Korrekturen, ist stets willkommen (mediathek.kunstgeschichte@hu-berlin.de). Im Text geäußerte Einschätzungen geben ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autor:innen wieder.
Dia mit der Villa Lante in Rom, Aufnahme nach 1895, Fotograf:in unbekannt (Digitalisat: Mediathek des IKB).
Diesmal geht es um ein Dia, dessen Beschriftung Zeugnis davon ist, dass innerhalb der Diathek das Wissen über Werke auch wieder verloren gehen konnte. Oft finden sich auf den Glasdias der Lehrsammlung Korrekturen in der Beschriftung, entweder weil sich äußere Sachverhalte, z.B. Standorte oder Besitzverhältnisse geändert haben (vgl. Fundstück #24), oder weil die Dinge anders gedeutet werden. So wird das Dia als materielles Objekt zugleich zum Träger schriftlicher Informationen über die Geschichte der Deutung seiner Bildinhalte und seiner Objektgeschichte.
Unser Dia mit der Inventarnummer 24216 stammt von ca. 1915 und wurde vermutlich auf der Basis einer Buchillustration nach einem älteren Foto hergestellt. Es zeigt die Villa Lante auf dem Gianicolo-Hügel in Rom in einem leicht veränderten und wenig gepflegten Zustand. So war damals etwa die markante Loggia teils vermauert und ein Glas-Wintergarten angefügt. Der auf den ersten Blick etwas beliebig wirkende Aufnahmeausschnitt ist so gewählt, dass das Reiterstandbild für Giuseppe Garibaldi gegen den Himmel als Silhouette sichtbar ist. Das riesenhafte Denkmal wurde 1895 anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der Einnahme Roms auf dem höchsten Punkt des Gianicolo errichtet und liefert somit den Terminus post quem für die Aufnahme (Dank an Martin Raspe, Rom, für diesen Hinweis).
Die Kennzeichnung mit einem „F“ in roter Farbe deutet darauf hin, dass das Dia für Oskar Fischel (1870-1939) angefertigt wurde, der von 1915 bis 1933, als ihm die Universität als Jude das Dienstverhältnis kündigte, am kunsthistorischen Seminar lehrte. Fischel hatte bereits 1896 mit seiner Dissertation den noch heute vielfach als Referenz verwendeten Katalog der Raffaelzeichnungen erstellt und blieb dem Künstler bis zu seiner im englischen Exil 1941 posthum publizierten Raffaelbiografie treu.
Eine derartige Zuordnung des Dias ließe sich mit den ersten beiden Lehrveranstaltungen verbinden, die Fischel im Sommersemester 1915 und im Wintersemester 1915/16 über den Künstler Raffael hielt. Wenn die Beschriftung ebenfalls von Fischel stammt, dann kannte er seinen Gegenstand natürlich bestens. Entsprechend – wie oft in solchen Fällen – sind auch keine weiteren Informationen, hier etwa Datierung, Architekt oder dergleichen, angefügt. Wir wissen nicht im Einzelnen worüber Fischel in seiner Vorlesung genau sprach. Die Villa Lante könnte ihn als aus dem Raffaelkreis stammendes Gesamtkunstwerk von Architektur und Ausstattung interessiert haben. Genaueres werden wir vielleicht wissen, wenn wir weitere, mit seiner Vorlesung in Verbindung zu bringende Dias – etwa Innenausstattung oder anderer Bestandteile der Villa – identifiziert haben.
Die Villa Lante, die von Raffaels Meisterschüler Giulio Romano für den aus der Toskana stammenden Baldassarre Turini, Bischof und Verwaltungsbeamter unter den Medicipäpsten Leo X. und Clemens VII., geplant und von weiteren Künstlern der Raffael-Werkstatt im Inneren dekoriert wurde, erhielt ihren späteren Namen nach Übernahme durch die mit den Medici verschwägerte Familie Lante im Jahr 1551. Sie ist heute im Besitz des finnischen Kulturinstituts und gehörte zur Zeit der Herstellung des Dias dem deutschen Archäologen Wolfgang Helbig (1839-1915). Damals war ein Teil der Ausstattung bereits nicht mehr in situ. Der Giulio Romano, Polidoro da Caravaggio und anderen Schülern Raffaels zugeschriebene Zyklus von Götterdarstellungen und Szenen aus der Gründungsgeschichte Roms war schon in der Mitte des 19.Jh. entfernt worden, nachdem die Villa in den Besitz der Ordensgemeinschaft des Sacro Cuore di Gesù übergegangen war, die die insbesondere eine drastische Szene der Entmannung des Kronos durch Zeus für ihre Novizinnen als inakzeptabel ansah. Henriette Hertz erwarb die Bilder 1911 und ließ sie im Salon ihres Wohnsitzes, dem Palazzo Zuccari, dem heutigen Sitz der Bibliotheca Hertziana, Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte, einbauen. Seitdem befinden sie sich auf Pincio-Hügel genau auf der anderen Seite der Stadt.
Mit dem Nachlassen des Interesses an Raffael und seinem Schülerkreis im 20. Jahrhundert verschwanden derartige, vorwiegend spätere Werke des Raffaelkreises aus dem kunsthistorischen Kanon und wurden zu Spezialgebieten. Wann immer auch die vermeintliche „Verbesserung“ der Beschriftung angebracht wurde – vielleicht erst nach 1945 –, war einer Person, die sich für die Dias zuständig fühlte, die Villa in Rom nicht mehr präsent. Sie meinte, die Aufschrift korrigieren zu müssen, strich die Ortsbezeichnung “Rom” durch und ersetzte sie durch “Viterbo” indem sie den Bau mit einer anderen Villa Lante verwechselte, nämlich der großen Gartenanlage in Bagnaia bei Viterbo, die Vignola für Kardinal Gambara anlegen ließ und die seit dem 17. Jh. ebenfalls den Namen der Familie Lante trägt. (G.S.)
Die Diapositive und Fotos aus den Sammlungen des Instituts für Kunst- und Bildgeschichte tragen verschiedenste Spuren ihrer Herstellung und Nutzung und sind damit immer auch ein Stück Institutsgeschichte, Fachgeschichte oder Medien- und Technikgeschichte.
Die hier in loser Reihe vorgestellten Fundstücke sind als solche gemeint: Immer wieder fallen einzelne Objekte auf – aufgrund ihrer Beschaffenheit, aufgrund ihre Bildinhalte, aufgrund eines sonstigen Umstands – und geben Anlass zu weiteren Beobachtungen, Überlegungen, oder kleinen Recherchen. Wenn sich dann eine erste Geschichte abzeichnet, wird sie hier gelegentlich präsentiert. Nicht als Forschungsergebnis, sondern eher als Beobachtung, Vermutung, Frage, die zu weiterer Forschung führen kann. Zusätzliches Wissen in Form von Ergänzungen, aber auch Korrekturen, ist stets willkommen (mediathek.kunstgeschichte@hu-berlin.de). Im Text geäußerte Einschätzungen geben ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autor:innen wieder.
Abb. 1. Zwei Dias mit Kapitellen aus dem Bischofsgang des Magdeburger Doms (Fotograf:in: unbekannt); Dia mit Ansicht des Bischofsgangs (Foto Marburg) (Digitalisate: Mediathek des IKB).
Unser aktuelles Fundstück besteht aus zwei Dias, von denen eines ein gotisches Knospenkapitell und eines ein spätromanisches, mit klassischen Elementen durchsetztes Akanthuskapitell zeigt. Beide befinden sich im Bischofsgang des Magdeburger Doms. So wird das in den 1230er Jahren entstandene Emporengeschoß bezeichnet, das sich über dem Chorumgang des frühgotischen Chors befindet. Stilistisch ist der Bischofsgang besonders interessant, weil dort während des Baus des heutigen Doms, der den Dom Ottos des Großen ersetzte, offenbar eine neue Bauhandwerkertruppe tätig wurde, die nun dezidiert gotisch-französische Formen mitbrachte. Hingegen waren die früheren Teile des 1209 begonnenen Neubaus des Doms, insbesondere das untere Geschoss des Chors und sein Kapellenkranz noch in einer Mischform aus gotischer Grundrissstruktur und romanischem Formenapparat gehalten. Dass sich über dem Chorumgang noch ein weiterer Umgang befindet, ist eine Besonderheit des Magdeburger Doms. Der breite und mit prächtigen frühgotischen Gewölben ausgestatte Bischofsgang stellte eine Verbindung zwischen dem nördlich des Chores gelegenen Bischofspalast und dem südlich gelegenen Domkloster dar (s. das dritte Dia mit einer Aufnahme des Gangs aus Richard Hamanns Geschichte der Kunst, Abb. 312)
Fotografien von Architekturelementen aus diesem architekturgeschichtlich interessanten Bauabschnitt wären nicht auffällig, wenn nicht eines der Dias die – von einem Wasserschaden leicht entstellte – Beschriftung „nach Exkursionsfilm“ zeigte. Auf dem anderen Dia befand sich vermutlich der gleiche Vermerk, jedoch ist das Etikett teils abgerissen. Demnach entstanden die Aufnahmen also im Zusammenhang mit einer Lehrexkursion. Exkursionen begegneten uns bereits bei zwei Fundstücken (#3 und #19), jedoch jeweils ausgehend von datierten Bildern, die die Studierendengruppe zeigten. Unsere Kapitellaufnahmen tragen jedoch weder Inventarnummer noch Datum. Aufgrund der Schrift und gesamten Machart kann zwar von den späten 1950er Jahren ausgegangen werden, was freilich nur wenig weiterhilft, da die Vorlesungsverzeichnisse des fraglichen Zeitraums Exkursionen nicht verzeichnen.
Die Ausdrucksweise der Beschriftung erschöpft sich nicht im Hinweis auf eine Exkursion (dafür hätte man vielleicht eher „Exkursion, Jahrszahl“ vermerkt). Vielmehr verweist sie darauf, dass die Dias nicht als Kontaktkopie eines Glasplattennegativs entstanden, sondern auf der Basis eines Negativfilms. Hierfür kommen als damals verbreitete Formate entweder 6 cm breiter Rollfilm, oder aber 35mm breiter Kleinbildfilm in Frage. In jedem Fall konnte bei beiden Formaten aufgrund der geringeren Negativgröße nicht mehr direkt kopiert werden sondern die 8,5 x 10 cm große Diaplatte musste mit einem Vergrößerer belichtet werden. Auch wenn die Aufnahmen scharf und gut durchgezeichnet erscheinen, liegt wohl das Kleinbildformat zugrunde. Zunächst sind deutlich weiße Fusseln sichtbar, die typischerweise bei der stärkeren Vergrößerung eines Negativs in Erscheinung treten. Zum anderen deutet die Ausdrucksweise „nach Exkursionfilm“ darauf hin, dass es nur einen einzigen solchen gab. Hierfür wäre der Rollfilm mit – je nach Format – nur 8 bis 16 Bildern wohl zu wenig umfangreich gewesen, während der typischerweise 36 Bilder umfassende Kleinbildfilm geeigneter erscheint. Wo sich der Film befindet und welche Motive die restlichen Aufnahmen zeigten, ist nicht bekannt. Die Katalogisierung der Glasdias könnte noch weiter Aufnahmen von anderen Objekten der Exkursion zum Vorschein bringen, aber es ist auch anzunehmen, dass der Film, der vielleicht in Privatbesitz verblieb, auch Personenaufnahmen enthielt, während nur einige Sachaufahmen ausgewählt wurden, um daraus Dias für die Lehrbildsammlung zu machen.
Wenn wir jetzt noch einmal danach fragen, wann und unter wessen Leitung die betreffende Exkursion unternommen wurde, wäre einerseits denkbar, dass sie in den letzten Jahren des bis 1958 dauernden Ordinariats von Richard Hamann (1879-1961) stattfand, der sich bereits zu Beginn des 20. Jh. intensiv mit der Kapitellplastik des Magdeburgers Dom beschäftigt hat (Aufsatz im Jahrbuch der Kgl. Preuß. Kunstsammlungen, 1909). Als Gründer und Leiter von Foto Marburg ist er für sein Interesse an der kunsthistorischen Dokumentarfotografie mehr als bekannt. Allerdings scheint es sich bei unseren Bildern um einzelne Aufnahmen und keineswegs um eine systematische Aufnahmekampagen zu handeln, für sicherlich auch eine Glasplattenkamera eingesetzt worden wäre.
Andererseits könnte die Exkursion auch etwas später stattgefunden haben, wäre dann aber wohl nicht von dem an mittelalterlicher Baukunst wenig interessierten Nachfolger Hamanns, Gerhard Strauss (1908-1984), sondern einem der damaligen Assistenten oder Lehrbeauftragten geleitet worden. Hier kommt wieder Peter H. Feist (1925-2015) ins Spiel, der seit 1959 Assistent in Berlin war und in dessen Diaarchiv eine eine Exkursion nach Magdeburg im Mai 1960 dokumentiert ist (Abb. 2).
Feists Bild zeigt die Gruppe der Teilnehmenden, vielleicht nach der Besichtigung des Doms, lagernd im südlich angrenzenden Kreuzgang. Es handelt sich um die gleiche Studierendenkohorte, die bereits in Fundstück #19 fotografierend aufgetreten ist. Zum Aufnahmezeitpunkt war sie noch im 1. Studienjahr.
Leider findet die Reise in Feists Autobiographie keine Erwähnung und möglicherweise war er nur Begleiter, während die Leitung bei dem Architekturhistoriker Karl-Heinz Clasen (1893-1979) gelegen haben könnte. Clasen, der in der Nazizeit eine führende Rolle bei der Erforschung der mittelalterlichen Architektur in den Ostgebieten spielte, besaß eigentlich eine Professor in Greifswald, nahm aber auch an der Humboldt-Universität Lehraufträge wahr. Den Vorlesungsverzeichnissen zufolge hielt er im folgenden Studienjahr, im „Frühjahrssemester“ 1960/61, „Übungen zur Baugeschichte des Mittelalters“ für das 2.-4. Studienjahr ab.
Der Zusammenhang zwischen den Aufnahmen der Kapitelle und der Exkursionsgruppe von 1960 ist vorerst weitgehende Vermutung und der letzte Nachweis, dass die Aufnahmen der Kapitelle – vielleicht ausgeführt einem oder einer bereits fotografisch erfahrenen Studierenden – tatsächlich auf dieser Fahrt entstanden, ist noch zu erbringen. (G.S.)
Die Diapositive und Fotos aus den Sammlungen des Instituts für Kunst- und Bildgeschichte tragen verschiedenste Spuren ihrer Herstellung und Nutzung und sind damit immer auch ein Stück Institutsgeschichte, Fachgeschichte oder Medien- und Technikgeschichte.
Die hier in loser Reihe vorgestellten Fundstücke sind als solche gemeint: Immer wieder fallen einzelne Objekte auf – aufgrund ihrer Beschaffenheit, aufgrund ihre Bildinhalte, aufgrund eines sonstigen Umstands – und geben Anlass zu weiteren Beobachtungen, Überlegungen, oder kleinen Recherchen. Wenn sich dann eine erste Geschichte abzeichnet, wird sie hier gelegentlich präsentiert. Nicht als Forschungsergebnis, sondern eher als Beobachtung, Vermutung, Frage, die zu weiterer Forschung führen kann. Zusätzliches Wissen in Form von Ergänzungen, aber auch Korrekturen, ist stets willkommen (mediathek.kunstgeschichte@hu-berlin.de). Im Text geäußerte Einschätzungen geben ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autor:innen wieder.
Das Kreuz. Eine Objektgeschichte des bekanntesten Symbols von der Spätantike bis zur Neuzeit
Freiburg i. Br., Herder Verlag, 2022
Das christliche Kreuz könnte widersprüchlicher nicht sein: Es ist ein von Gott verfluchtes Todeswerkzeug, das die göttliche Erlösung symbolisiert. Noch während der Kreuzigung mussten sich die Anhänger Jesu das Gespött der Leute anhören, ausgerechnet einen Gekreuzigten für den Gottessohn zu halten, und tatsächlich entwickelte sich das Kreuz erst seit dem 4. Jahrhundert zu dem heilsversprechenden christlichen Symbol. Das Widersprüchliche wurde es jedoch nicht los. Diese Problematik ist folglich auch in jeder Darstellung des Kreuzes, sei es im Bild oder als dreidimensionales Objekt, enthalten.
Das Buch analysiert das Spektrum des Kreuzverständnisses und seiner Bildwerke von der Spätantike bis in die Neuzeit. In diesem Spektrum sind wesentliche, bis in die Gegenwart wirkende Kreuzauffassungen enthalten. Dennoch soll deutlich werden, wie sehr unsere Sicht auf das Kreuz historisch durchtränkt ist.
Die Universität Turin hat Horst Bredekamp den Honoris Causa Degree in Philosophie verliehen
Am 27. Oktober 2022 verlieh der Rektor der Universität Turin, Prof. Stefano Geuna, im Auditorium des Aldo-Moro-Komplexes Horst Bredekamp, den Honoris Causa Degree in Philosophie.
Horst Bredekamp studierte Kunstgeschichte, Archäologie, Philosophie und Soziologie in Kiel, München, Berlin und Marburg, wo er 1974 das Studium der Kunstgeschichte abschloss. Nach musealer Tätigkeit im Liebieghaus (Frankfurt am Main) war er ab 1976 Assistent und seit 1982 Professor für Kunstgeschichte an der Universität Hamburg. Seit 1993 lehrt er an der Humboldt-Universität zu Berlin als Professor für Kunstgeschichte und seit 2019 als Co-Leiter des Exzellenzclusters „Matters of Activity“.
Von 2003 bis 2012 war er zudem Permanent Fellow des Wissenschaftskollegs in Berlin. Seine Studien sammeln das Erbe von Autoren wie Aby Warburg, die die Kunstgeschichte erneuert haben, indem sie sie für den Dialog mit anderen Disziplinen geöffnet haben. Von der Kunstgeschichte hat sich Bredekamp zur Geschichte des wissenschaftlichen, technologischen, philosophischen und politischen Denkens bewegt und die aktive Rolle aufgezeigt, die Kunst und Bilder immer in ihrer Entwicklung gespielt haben. Große Klassiker wie Thomas Hobbes, Charles Darwin, Galileo Galilei und Gottfried Wilhelm von Leibniz können besser verstanden werden dank der Forschung, die Bredekamp ihnen widmete, indem er die Bilder studierte, die sie produzierten und die ihr Denken konditionierten. Wenn auf diese Weise in der Geschichte der Philosophie bereits verstanden wurde, dass Dinge mit Worten getan werden können, um die Arbeit von John L. Austin zu zitieren, bestand Bredekamps Beitrag stattdessen darin, die Notwendigkeit voranzutreiben, die Möglichkeit des Tuns von Dingen in Frage zu stellen Bilder, oder vielmehr zu verstehen, was Bilder aus uns und mit uns in unserer „Bildergesellschaft“ machen. Er ist Autor von mehr als 30 Büchern und über 700 Artikeln und Mitglied von vier Akademien, darunter der Deutschen Nationalakademie Leopoldina (Halle), der American Academy of Arts and Science (Washington) und dem Order Pour le mérite. Zu seinen Auszeichnungen zählen der Sigmund-Freud-Preis (Darmstadt 2001), der Aby M. Warburg-Preis (2005), der Max-Planck-Forschungspreis (2006) und der Schiller-Preis (2017).
Kleine Schriften zu den Sammlungen und zur Arbeitspraxis der Mediathek des IKB
In der Reihe „Kleine Schriften zu den Sammlungen und zur Arbeitspraxis der Mediathek des IKB“ werden in loser Folge Schriften verschiedenen Formats veröffentlicht, die die Sammlungsbestände, Praktiken der Sammlungserschließung, -erforschung und -vermittlung oder die Geschichte der Mediathek im Allgemeinen zum Gegenstand haben.
Die Reihe wurde 2022 eingerichtet. Dabei wurden als Nr. 1 und 2 zwei Texte aufgenommen, die bereits 2014 und 2018 selbstständig auf dem edoc-Server veröffentlicht wurden.
Auszeichnung: Open-Access-Preis wurde am 25. Oktober 2022 an Dr. Katja Müller-Helle verliehen
Im Auswahlverfahren des Open-Access-Preises 2021 hat die Jury die Entscheidung getroffen, dass Dr. Katja Müller-Helle als Gewinnerin für den Open-Access-Preis in der Kategorie Einzelperson ausgewählt wurde. Wir gratulieren herzlich!
Auf der Open Access Week werden nun zum zweiten Mal die Gewinner:innen des Open-Access-Preises der Humboldt-Universität ausgezeichnet. Er honoriert Leistungen von Mitgliedern der HU im Bereich freier Zugänglichkeit von Forschungsergebnissen, soll zu mehr Open Access an der Universität anregen sowie die Aktivitäten an der Universität sichtbarer machen. Die öffentliche Preisverleihung fand am 25. Oktober 2022 um 15 Uhr im Foyer des Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrums statt.
Serie von Aufnahmen der Kgl. Preußischen Meßbildanstalt von St. Pantaleon in Köln vor der Restaurierung 1890. Digitalisate: Mediathek des IKB.
Mit der preußischen Messbildanstalt verbindet sich zunächst die Vorstellung von Außenaufnahmen oder Aufnahmen großer Innenräume, war sie doch von Alfred Meydenbauer 1885 gegründet worden (wie die Legende sagt, nachdem er beim Vermessen des Wetzlarer Doms fast von einem Türmchen am Querhausgiebel heruntergestürzt wäre), um Bildmaterial zu erzeugen, mit dem maßgenaue Aufriss- und Schnittzeichnungen angefertigt werden konnten. Aber wie unsere Fundstücke zeigen, entstanden je nach Gelegenheit auch ganz andere Bilder, bei denen auch – ob intendiert oder nicht – geradezu stimmungsvolle Werte vorherrschen.
St. Pantaleon in Köln wurde als Kirche eines Benediktinerklosters errichtet, das durch den Kölner Erzbischof Brun, Bruder Kaiser Ottos I., 955 gegründet worden war. Fertiggestellt wohl mit direkter Unterstützung der Kaiserin Theophanu um das Jahr 980 herum, wurde der Bau im Lauf der Jahrhunderte immer wieder verändert und aktuellen Zwecken angepasst. Spätestens nachdem er in der Säkularisation in eine Garnisonskirche umgewandelt war, gab es keinerlei liturgische oder zeremonielle Nutzung mehr für Emporen und Kapellen im Westbau.
Aber die geschichtliche Bedeutung und der architektonische Wert des Baus waren im späten 19. Jahrhundert Grund genug, seine ursprüngliche Form – oder was man dafür hielt – wiederherzustellen. Zwischen 1890-92 erfolgten die Umbauten, die noch einmal durch die Zerstörungen und Wiederherstellungen nach dem 2. Weltkrieg überformt wurden. Den vorherigen, über die Jahrhunderte gewachsenen Zustand hat die preußische Meßbildanstalt – vielleicht sogar als Arbeitsgrundlage für die geplanten Restaurierungen – festgehalten. In der Lehrbildsammlung unseres Instituts befinden sich nach aktuellem Stand allein 21 Aufnahmen der Meßbildanstalt zu St. Pantaleon, von denen 17 vor und vier nach der Restaurierung aufgenommen wurden.
Die Pantaleonskirche von 1890 würde heute wohl als Instagram-geeigneter „lost place“ angesprochen werden. Gerade die teils vermauerten und nur als Durchgangs- und Lagerlokale verwendeten Räume des Westbaus erscheinen auf den Bildern wie eine romantische Theaterbühne oder gar eine Filmszenografie. Ebenso malerisch sind aber auch die an der nördlichen Außenseite der Kirche geparkten, vielleicht einem benachbarten Fuhrunternehmer gehörenden Handkarren, oder die Regenrohre in direkter Konkurrenz zu den steinernen Säulen und Profilen.
Wann die Glasdiapositive, die immer nach Negativen angefertigt und damit möglicherweise deutlich jünger als die Aufnahmen selbst sind, hergestellt wurden und wann sie dem Institut überstellt wurden, lässt sich nur grob eingrenzen. Die Aufkleber mit der Denomination „Staatliche Bildstelle“ weisen für die Anfertigung der Dias jedenfalls auf einen Zeitraum nach 1921 hin, als nur noch dieser Name geführt wurde. Die Sammlungs-Inventarnummern im Bereich von 42300 lassen darüber hinaus annehmen, dass die Dias in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre in den Besitz des kunstgeschichtlichen Instituts gelangten.
Ob sie direkt für eine Lehrveranstaltung angeschafft wurden, oder Teil einer größeren Erwerbung – vielleicht auch Schenkung – von Meßbildaufnahmen darstellt, ist unklar. Ersteres ist weniger wahrscheinlich, da die Bilder ja einen denkmalpflegerischen Charakter besitzen, der zumindest in diesem Umfang bei den üblichen, eher überblicksartig auf die Architekturgeschichte selbst ausgerichteten Themen kaum nötig gewesen wäre. Zeitlich und thematisch kann damit nach bisherigem Kenntnisstand am ehesten Adolph Goldschmidts Lehrveranstaltung „Die Kunst des frühen Mittelalters bis zum Ende der romanischen Zeit“ im Wintersemester 1925/26 und Sommersemester 1926 in Verbindung gebracht werden. (G.S.)
Die Diapositive und Fotos aus den Sammlungen des Instituts für Kunst- und Bildgeschichte tragen verschiedenste Spuren ihrer Herstellung und Nutzung und sind damit immer auch ein Stück Institutsgeschichte, Fachgeschichte oder Medien- und Technikgeschichte.
Die hier in loser Reihe vorgestellten Fundstücke sind als solche gemeint: Immer wieder fallen einzelne Objekte auf – aufgrund ihrer Beschaffenheit, aufgrund ihre Bildinhalte, aufgrund eines sonstigen Umstands – und geben Anlass zu weiteren Beobachtungen, Überlegungen, oder kleinen Recherchen. Wenn sich dann eine erste Geschichte abzeichnet, wird sie hier gelegentlich präsentiert. Nicht als Forschungsergebnis, sondern eher als Beobachtung, Vermutung, Frage, die zu weiterer Forschung führen kann. Zusätzliches Wissen in Form von Ergänzungen, aber auch Korrekturen, ist stets willkommen (mediathek.kunstgeschichte@hu-berlin.de). Im Text geäußerte Einschätzungen geben ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autor:innen wieder.
Das Institut für Kunst- und Bildgeschichte der Humboldt-Universität zu Berlin veranstaltet im WS 2022/23 eine Ringvorlesung «Unter Beschuss. Kunsthistorische Revisionen im Zeichen des Ukrainekrieges». Das jüngste Kriegsgeschehen in Europa – die russische Invasion der Ukraine – dient als Anlass, über geografische, regionale, mediale und historiographische Ansätze der Kunstgeschichte nachzudenken, die unseres Erachtens mit dem Krieg in Frage gestellt wurden.
Neben einigen Einblicken in die Komplexität der historischen Entwicklung der Kunst- und Kulturlandschaft des um seine Souveränität kämpfenden Landes und in die diesbezüglichen kunsthistoriografischen Projektionen im 20. Jahrhundert steht die Aktualität des Krieges als Erfahrung und Herausforderung für die Kunst- und Bildgeschichte im Fokus. Zum einen beschäftigt sich die Vorlesungsreihe mit dem akuten Problem des bedrohten kulturellen Erbes, dessen Fragilität in einem militärischen Konflikt wieder mehr als deutlich spürbar wird. Zum anderen wird im Sinne der politischen Ikonologie und Medienkritik v.a. die Problematik der neuen Sichtbarkeit des Krieges angesprochen: Wie können und sollen in der Realzeit abrufbare Bilder von extremer Gewalt und ihren Spuren durch den (globalen) Betrachter verarbeitet werden? Wie dabei in Analogien denken, wie tragfähig oder trügerisch sind historische Vergleiche? Inwieweit verpflichten diese Bilder insgesamt zu einer neuen Augenzeugenschaft, wie emphatisch oder anästhetisch kann der Blick sein? Die Vorträge werden ebenfalls aufzeigen, wie zirkulierende Bilder und Videos zu effektiven ikonischen Waffen in einem Krieg avancieren, der auch ein Informationskrieg ist.
Der Fall Ukraine kann somit als neuer Ausgangspunkt verstanden werden, um weitere Dimensionen von Bildern in asymmetrischen Konflikten des 21. Jahrhunderts zu analysieren: hat nach der tragischen Erfahrung der diffusen Stellvertreterkriege in Syrien und Jemen wie der Besatzungen von Irak und Afghanistan der flächendeckende militärische Angriff Russlands auf die Ukraine neue Medien und neue Bildsprachen, neue Formen und Funktionen des Ikonischen hervorgebracht? In diesem Sinne wird im Rahmen der Ringvorlesung eine fachübergreifende, kunst- und bildhistorische, kulturtheoretische und philosophische Reflexion zum Thema angestrebt.
Under Shelling: Art Historical Revisions in the Light of the War in Ukraine
In the winter semester of 2022/23, the Institute of Art and Image History at the Humboldt-Universität zu Berlin is organising a lecture series “Under Shelling. Art Historical Revisions in the Light of the War in Ukraine”. The present war in Europe – the Russian invasion of Ukraine – serves as an impetus to reflect on geographical, regional, media-related and historiographical approaches to art history that we believe were called into question with the war.
The lecture series gives insights into the complexity of the historical development of the artistic and cultural landscape of the country fighting for its sovereignty and the related art historiographical projections in the 20th century. At the same time, the focus is on the topicality of war as an experience and challenge for the history of art and images. On the one hand, the lecture series deals with the acute problem of the endangered cultural heritage, the fragility of which is once again palpable in a military conflict. On the other hand, in terms of political iconology and media criticism, the problem of the new visibility of war will be addressed: How can we understand images of extreme violence and its traces that can be retrieved in real-time by the (global) beholders? Should we think in analogies? How sustainable or deceptive are historical comparisons? To what extent do these images engage us in a new kind of eye-witnessing, and how emphatic or anaesthetic can the gaze be? The lectures will also show how circulating images and videos become effective iconic weapons in a conflict that is also an information war.
The case of Ukraine can thus be understood as a new starting point to analyse further dimensions of images in asymmetric conflicts of the 21st century. After the tragic experience of the diffuse proxy wars in Syria and Yemen and the occupations of Iraq and Afghanistan, has Russia’s full-scale military attack on Ukraine evoked new media, visual languages, forms and functions of the iconic? With those questions, the lecture series aims at an interdisciplinary, art- and image-historical, theoretical and philosophical reflection on the topic.
Auszeichnung: Antonia Kölbl erhält den Humboldt-Preis 2022
Antonia Kölbl erhält den Humboldt-Preis 2022 für ihre an der Humboldt-Universität zu Berlin abgeschlossene Masterarbeit zum Thema “Ausstellungspolitiken 1972. Werner Haftmann und Joachim Uhlitzsch interpretieren J. M. W. Turner”.
Das Institut gratuliert ihr hierzu sehr herzlich.