German funding programmes for scholars at risk and a list of institutional contacts Verband Deutscher Kunsthistoriker

German funding programmes for scholars at risk
and a list of institutional contacts

The Association of German Art Historians stands in solidarity with the people in Ukraine who are suffering from the war. Our thoughts are with our colleagues living and working in Ukraine. In view of the current situation, we would like to draw the attention of our colleagues in Ukraine to the fact that funding institutions such as the Alexander von Humboldt Foundation now also allow Ukrainian researchers to apply for scholars at risk programmes.

Асоціація німецьких мистецтвознавців висловлює солідарність населенню України, яке страждає від війни. Наші думки з нашими колегами, які живуть і працюють в Україні. З огляду на теперішню ситуацію, ми хотіли б звернути увагу наших колег в Україні на те, що установи, такі як Фонд Александра фон Гумбольдта, тепер також дозволяють українським дослідникам, які опинилися в небезпеці, подавати заявки на програми.

Hochschule/Forschung Osteuropa Verband Deutscher Kunsthistoriker

Fundstück #28

#28 Kiew-Momente

Glasdias mit Aufnahmen von Bauwerken in Kiew

Peter H. Feist, Kleinbilddiapostive mit Aufnahmen in Kiew, Sophienkathedrale, Mosaik der Hauptkuppel Sommer 1959 und Kiew, Bürohaus Chreschtschatyk-Straße Nr. 6, November 1988 (CC BY SA 4.0). Digitalisate: Mediathek des IKB.

Im Jahr 1959, nachdem er im Jahr zuvor eine Anstellung am Kunstgeschichtlichen Institut der Humboldt Universität als Assistent von Gerhard Strauss erhalten hatte und einen Vertrag über ein Renoir-Buch – dem Thema seiner Habilitation – abgeschlossen hatte, konnte sich Peter H. Feist, später auch Professor für Kunstgeschichte, mit seiner Frau eine große private Reise durch die Sowjetunion leisten. Sie führte unter anderem auch nach Georgien und in die Ukraine.

Obwohl Feists 2016 erschienene Autobiographie erst in den Jahren vor seinem Tod 2015 abgefasst wurde, wird in der knappen Schilderung der Reise deutlich, wie sehr seine Eindrücke damals noch vom zweiten Weltkrieg geprägt waren:
“Mit vielen Zwischenhalten fuhren wir einen Tag lang über Rostow am Don und durchs Donetzbecken nach Charkow. Man hatte viel Zeit, in die Landschaft zu schauen und nachzudenken. Unsere Generation kannte die Orte und Gegenden aus den Wehrmachtsberichten und Wochenschauen fünfzehn Jahre zuvor und den Erzählungen unserer Väter. Mein Vater war mit seinem Lazarett einige Zeit in Charkow stationiert gewesen.” (PhF, Haupstraßen und eigene Wege, S. 84).

Zugleich scheint aber auch der Kunsthistoriker durch, für den das eigene Fotografieren ein wichtiges Werkzeug war und der mit seinen Worten deutlich werden lässt, wie wertvoll Fotografien – und damals insbesondere Farbfotografien – waren. Denn er schreibt zur Besichtigung von Kiew kaum mehr als: “nach einer weiteren Nachtfahrt waren wir im wesentlich prächtigeren Kiew. Wir besichtigten die Klosteranlage Petschorskaja Lawra und die als Museum eingerichtete Sophienkathedrale, wo ich bei der Direktorin die Erlaubnis zu einigen Farbfotos erwirkte” (S. 84, 85). Hier handelte es sich sicherlich um die wenigen, teils mit Teleobjektiv erstellten Aufnahmen der Mosaike der Apsis und der Hauptkuppel, die sich heute in den Bildsammlungen des IKB befinden.

Fast 30 Jahre später, zu Zeiten bereits manifester Wandlungen in der Sowjetunion, im November 1988, war Peter Feist ein weiteres Mal in Kiew. Er leitete damals, nach Aufgabe der Professur an der Humboldt-Universität, das Institut für Ästhetik und Kunstwissenschaften der Akademie der Wissenschaften der DDR und er reiste diesmal nach Kiew, “um mit dem Institut für Kunstwissenschaft der Ukrainischen Akademie der Wissenschaften über mögliche Gemeinsamkeiten zu beraten”(S. 188). Über Inhalt und Ausgang der Beratungen erfahren wir leider weiter nichts. Die Erwähnung eines Kiewer Partners bei einer in Berlin im November 1989 abgehaltenen Tagung „DDR-Künste im internationalen Kontext“, deren Planung und Durchführung bereits vollkommen in den Strudel des Mauerfalls geriet, lässt allerdings vermuten, dass damals engere Verbindungen zustande kamen (S. 193).

Bei dieser eher geschäftlichen Reise, auf der er aber auch erneut die berühmten Höhlenklöster besichtigte, hat Peter Feist mehrere Aufnahmen im Zentrum der Stadt gemacht. Aus einem der Bilder können wir schließen, dass er in einem Hotel an dem nach dem ukrainischen Freiheitshelden benannten Taras Schewschenko-Boulevard wohnte – vielleicht in dem heutigen, 1912 als ‚Palast-Hotel‘ eröffneten ‚Premier Palace Hotel‘. Das war unweit von der Akademie der Wissenschaften gelegen, die ja das Hauptziel dieser zweiten Reise war.

Das in der abgebildeten Aufnahme sichtbare Jugendstil-Bürohaus am oberen Ende des zentralen Chreschtschatyk-Boulevard (Nr. 6), das 1911 nach Entwurf des Architekten Josip Abramovitsch Zektser (1867-1933) erbaut worden war, wählte Peter Feist wohl als typisches Beispiel für die auch nach internationalem Maßstab beeindruckende Aufbruchszeit der Stadt im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert.

* * *

Der seit 1991 souveräne Staat Ukraine und dessen Hauptstadt Kiew werden in diesen Tagen unter vorgeschobenen Gründen von der militärischen Großmacht Russland attackiert, die im Begriff ist, eine von territorialen, imperialen und völkischen Denkmustern geprägte Gewaltpolitik zur Maxime zu machen und sich völlig von ihren europäisch-aufklärerischen Wurzeln zu trennen. Es ist zu fürchten, dass die Stadt Kiew, die immer eng mit den verschiedenen Kulturen Europas und des nahen Ostens verbunden war, in den nächsten Tagen eingenommen und stark zerstört wird. Es bleibt nur zu hoffen, dass sich allen Erwartungen zum Trotz ein Ausweg findet, der (nicht nur) für die Menschen in Kiew und der restlichen Ukraine wieder zu Selbstbestimmung und Frieden führt. (G.S.)

(Aufruf einer Auswahl von Dias, die Peter H. Feist 1959 und 1988 in Kiew aufgenommen hat: https://rs.cms.hu-berlin.de/ikb_mediathek/pages/search.php?search=%21collection602481)

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Aufruf aller bisherigen Fundstücke: http://www.kunstgeschichte.hu-berlin.de/category/fundstück/

Die Diapositive und Fotos aus den Sammlungen des Instituts für Kunst- und Bildgeschichte tragen verschiedenste Spuren ihrer Herstellung und Nutzung und sind damit immer auch ein Stück Institutsgeschichte, Fachgeschichte oder Medien- und Technikgeschichte.
Die hier in loser Reihe vorgestellten Fundstücke sind als solche gemeint: Immer wieder fallen einzelne Objekte auf – aufgrund ihrer Beschaffenheit, aufgrund ihre Bildinhalte, aufgrund eines sonstigen Umstands – und geben Anlass zu weiteren Beobachtungen, Überlegungen, oder kleinen Recherchen. Wenn sich dann eine erste Geschichte abzeichnet, wird sie hier gelegentlich präsentiert. Nicht als Forschungsergebnis, sondern eher als Beobachtung, Vermutung, Frage, die zu weiterer Forschung führen kann. Zusätzliches Wissen in Form von Ergänzungen, aber auch Korrekturen, ist stets willkommen (mediathek.kunstgeschichte@hu-berlin.de). Im Text geäußerte Einschätzungen geben ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autor:innen wieder.

Fakultätspreis für gute Lehre der KSB Fakultät 2021 geht an Eva Ehninger

Fakultätspreis für gute Lehre der KSB Fakultät 2021 geht an Eva Ehninger

Prof. Dr. Eva Ehninger wurde mit dem ersten Platz des Fakultätspreises für gute Lehre der Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftlichen Fakultät 2021 ausgezeichnet

Prämiert wurde ihre praxisorientierte Lehrveranstaltung 500.000 Bilder. Ed Ruschas Streets of Los Angeles-Archiv, in deren Rahmen die virtuelle Ausstellung (Not Nearly) Every Picture entstanden ist. Das eindrucksvolle Ergebnis ist aufrufbar unter: https://noteverypicture.de/

Die Lehrveranstaltung wurde von Studierenden des Seminars nominiert. Über die Vergabe des Preises entschied der Fakultätsrat nach Vorschlägen durch die Kommission für Lehre und Studium. Weitere Informationen zum Preis finden sie hier.

Wir gratulieren Eva Ehninger und den Studierenden ihres Seminars sehr herzlich!

Auszeichnung: Dr. Verena Straub erhält den Deubner-Preis des Verbandes Deutscher Kunsthistoriker e.V. (2022)

Auszeichnung: Dr. Verena Straub erhält den Deubner-Preis des Verbandes Deutscher Kunsthistoriker e.V. (2022)

Das Institut gratuliert Dr. Verena Straub sehr herzlich zur Verleihung des Deubner-Preises für ihre 2019 an der Humboldt-Universität zu Berlin abgeschlossene Dissertation Das Selbstmordattentat im Bild. Aktualität und Geschichte von Märtyrerdarstellungen (Bielefeld 2021). Die Preisverleihung findet am 23. März 2022 im Rahmen des 36. Deutschen Kunsthistorikertages statt.

Spendensammelaktion am IKB für die Ukraine

Liebe Studierende, liebe Institutsangehörige,

die studentischen Hilfskräfte des IKB haben eine Spendensammelaktion für die Ukraine organisiert. Die Spenden werden von uns gesammelt und im Anschluss in das Pilecki-Institut (Pariser Platz 4a) gebracht. Von dort werden regelmäßig Transporte in die Ukraine organisiert.

Benötigt werden:

  • Konserven (aus Metall und Plastik, bitte kein Glas)
  • Hygieneartikel (insbesondere Menstruationsartikel)
  • Schmerzmittel (zum Beispiel Ibuprofen) und medizinische Produkte (Verbände, Pflaster, Desinfektionsmittel usw.)

Kleidung wird nicht benötigt.

Wir sind zu folgenden Terminen am IKB (Georgenstr. 47) in Raum 0.12 (Erdgeschoss) anzutreffen:

Donnerstag (3. März): 11-17 Uhr
Freitag (4. März): 11-17 Uhr
Montag (7. März): 11-17 Uhr
Dienstag (8. März): 11-17 Uhr

Mit dieser Aktion möchten wir ermöglichen, dass Mitarbeitende und Studierende der HU ohne Organisationsaufwand und Anfahrtswege am Arbeitsplatz bzw. am Campus spenden können.

Wir würden uns sehr freuen, wenn sich viele an der Aktion beteiligen.

Liebe Grüße und einen großen Dank im Voraus

Die studentischen Hilfskräfte des IKB

 

Fundstück #27

#27 Trümmerbilder im Nachkriegs-Berlin

Glasdias mit Aufnahmen von Kirchenruinen in Syrien

Glasdias mit dem Firmenzeichen der Fa. Stoedtner, ca. 1949: Abbildungen syrischer Kirchenbauten als Repro-Fotografien u.a. aus Butler, Howard Crosby: Architecture and other arts (Publications of an American Archaeological Expedition to Syria in 1899 – 1900), New York 1903. Digitalisate: Mediathek des IKB.

Leopold Giese (Halle/Saale 1888 – Berlin 1968) – sowohl Dr. Ing. als auch Dr. phil, letzteres mit einer Dissertation über hochmittelalterliche Lettnertypen bei Adolph Goldschmidt – lehrte seit 1924 als Privatdozent und seit 1932 als außerordentlicher Professor an der Berliner Universität. Aufgrund seiner Ehe mit einer Jüdin wurde er 1937 entlassen. Er war einer der wenigen in die Arbeitslosigkeit geschickten Personen des Instituts, die weiterhin in Berlin blieben und wohl der einzige, der nach dem Zusammenbruch der Nazidiktatur erneut (von 1945 bis 1957) an der wiedereröffneten Humboldt-Universität tätig werden konnte. Dies allerdings nur zeitweilig als “Professor mit Lehrauftrag” und in den letzten Jahren nur als “Mitarbeiter”, wie den Personal- und Vorlesungsverzeichnissen zu entnehmen ist. Der Architekt und Architekturhistoriker las vorwiegend zu architekturhistorischen Themen, bot aber auch Themen zur mittelalterlichen Kunst im Allgemeinen, der Skulptur und der Malerei an.

Im Wintersemester 1949/50 hielt er (Di 10-12) eine Vorlesung zum “System der kirchlichen Baukunst frühchristlicher Zeit im Osten (Syrien, Afrika, Kleinasien, Byzanz)”. Sie stellte die dritte einer Reihe von insgesamt drei Lehrveranstaltungen zur Entwicklung und Typologie des frühen christlichen Kirchenbaus dar, und es könnte gemutmaßt werden, dass Giese in dieser Zeit eine größere Studie zur Entwicklung des frühen Kirchenbaus plante. Solche Überblicksdarstellungen mit dem Anspruch einer vollständigen Entwicklungsgeschichte waren ein zeittypisches Format – in deutscher Sprache am prominentesten vertreten mit Friedrich Wilhelm Deichmanns “Versuch einer Darstellung der Grundrisstypen des Kirchenbaues in frühchristlicher und byzantinischer Zeit im Morgenlande auf kunstgeographischer Grundlage” von 1937. Den Bauten in Syrien kam gerade aus mitteleuropäischer Sicht in einer solchen Entwicklungsperspektive ein besonderes Interesse entgegen, zeigen sie doch schon im 5. und 6. Jahrhundert gewölbte Quaderbauten, wie sie sich nördlich der Alpen erst nach dem Jahr 1000 („Kaiserdome“, „Romanik“) entwickelten.

Nur in Einzelfällen können Dias einer bestimmten Lehrveranstaltung zugeordnet werden. Aufgrund des spezifischen Themas und der Zeitstellung der Dias sowie der Art des Institutsstempels ist dies hier wohl möglich. Zwar hatten Oskar Wulff und Adolph Goldschmidt schon seit den 1910er Jahren gelegentlich kleinasiatische Kirchenbauten behandelt, aber für die Veranstaltung von Leopold Giese wurden offenbar neue Dias bei der Firma Stoedtner erworben. Allerdings handelt es sich bei den Aufnahmen nicht um eigene Aufnahmen Stoedtners, sondern um Reproduktionen aus den Anfang des 20. Jahrhunderts erschienenen Publikationen Howard Butlers, wie auch die in Bleistift nachgetragenen Kürzel mit Band- und Seitenangaben bestätigen. Vielleicht handelte es sich auch um einen eigenen Reproduktionsauftrag seitens des Instituts, da die Dias weder eine Bestellnummer tragen, noch eine maschinenschriftliche Objektbezeichnung aufweisen, wie sie damals bei Stoedtner bereits üblich war. Franz Stoedtner, der Fotograf und Firmengründer lebte damals ohnehin nicht mehr, er verstarb im Januar 1946. Aber die Firma befand sich noch bis 1949 in Berlin, wie auch die – vielleicht noch eine gewisse Zeit weiter verwendeten – Aufkleber mit Berliner Anschrift („Berlin N54“) zeigen, bevor sie von der Witwe Stoedtners nach Düsseldorf transferiert und dort zunächst unter gleichem Namen weiter betrieben wurde (vgl. Fundstück #11). Noch nicht deuten konnten wir die ebenfalls handschriftlich aufgebrachten Kürzel „RP“, jeweils verbunden mit einer Zahl, die möglicherweise Aussagen über die Bildreihenfolge innerhalb der Vorlesung machen.

Es war hier aber eher die Bildsprache, die unser Interesse für diese Fundstücke weckte: In Syrien und an anderen Orten des östlichen Mittelmeerraumes zeigen sich die Ruinen spätantiker Kirchenbauten, ja ganzer Städte, besonders eindrucksvoll. Aufgrund der Wüstenumgebung mit geringer Vegetation und reduzierten Witterungseinflüssen sehen die Bauten oft so aus, als seien sie gerade erst zerstört worden, obwohl dieser Zustand schon seit Jahrhunderten besteht.

Zur Zeit der Vorlesung lag Berlin ebenfalls in Trümmern. Auch noch im Jahr 1949 präsentierten sich auf Schritt und Tritt allenfalls spärlich bewachsene Ruinengrundstücke. Auch viele Gebäude der Humboldt-Universität waren zerstört oder beschädigt.
Wie müssen die Bilder in der damaligen Berliner Lebenswelt gewirkt haben? War die wissenschaftliche Beschäftigung mit lang zurückliegenden Architekturepochen eine völlig unabhängige Parallelwelt? Oder wurde die mächtige Bildverwandtschaft wahrgenommen, thematisiert, oder spielte sie sogar eine Rolle bei der Wahl des Themas? (GS)

(Link zu den Datensätzen: https://rs.cms.hu-berlin.de/ikb_mediathek/pages/search.php?search=%21collection601069)

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Aufruf aller bisherigen Fundstücke: http://www.kunstgeschichte.hu-berlin.de/category/fundstück/

Die Diapositive und Fotos aus den Sammlungen des Instituts für Kunst- und Bildgeschichte tragen verschiedenste Spuren ihrer Herstellung und Nutzung und sind damit immer auch ein Stück Institutsgeschichte, Fachgeschichte oder Medien- und Technikgeschichte.
Die hier in loser Reihe vorgestellten Fundstücke sind als solche gemeint: Immer wieder fallen einzelne Objekte auf – aufgrund ihrer Beschaffenheit, aufgrund ihre Bildinhalte, aufgrund eines sonstigen Umstands – und geben Anlass zu weiteren Beobachtungen, Überlegungen, oder kleinen Recherchen. Wenn sich dann eine erste Geschichte abzeichnet, wird sie hier gelegentlich präsentiert. Nicht als Forschungsergebnis, sondern eher als Beobachtung, Vermutung, Frage, die zu weiterer Forschung führen kann. Zusätzliches Wissen in Form von Ergänzungen, aber auch Korrekturen, ist stets willkommen (mediathek.kunstgeschichte@hu-berlin.de)

Matthias Bruhn (Hg.): Kältebilder – Ästhetik und Erkenntnis am Gefrierpunkt

Matthias Bruhn (Hg.)

Kältebilder – Ästhetik und Erkenntnis am Gefrierpunkt

Bildwelten des Wissens 17, Kunsthistorisches Jahrbuch für Bildkritik,
Herausgegeben von Katja Müller-Helle, Claudia Blümle, Horst Bredekamp und Matthias Bruhn

 

Als Mittel der Konservierung ist Kälte seit alters her von fundamentaler Bedeutung für die menschliche Kultur, doch erst mit dem Industriezeitalter wurden Verfahren künstlicher Kühlung ersonnen, die heute selbstverständlich sind. Mit ihr gingen neue Möglichkeiten der Erkenntnisgewinnung einher. Die gefrorene Bewegung wurde zur Metapher der verlangsamten Aufzeichnung. Ohne Kryotechnik gäbe es auch keine modernen Rechen- und Bildgebungsprozesse. Derartige Formen eiskalter Beobachtung stehen andererseits Sichtbarkeitsverluste durch Frost oder Niederschlag gegenüber, so wie die künstliche Absenkung von Temperaturen gerade durch ihren Energieverbrauch den Klimawandel weiter anheizt. Die Kühltechnik erreicht in jeder Hinsicht neue Tiefst- und Höchstmarken – mit umfassenden Folgen für das Wissen und die Wahrnehmung.

Video-Clip zum Band: Kältebilder

Inhalt

Editorial

K. Lee Chichester (Berlin): Snowflake Generation. Die Kristallisierung kosmischer (Un-)Ordnung | PDF

Bildbesprechung: Johanna Schiffler (Berlin): Aus der Wirklichkeit ins Stilisierte. Cuno Amiets Schneelandschaft mit Skifahren | PDF

Kostas Gavroglu (Athen): Alice in the Land of Cold | PDF

Lodewijk Johannes Reinders (Leiden): The Quest for Absolute Zero. Early Historical Developments in Cryogenics | PDF

Hans-Jörg Rheinberger (Berlin): Verlangsamen. Kälteumgebungen biologischen Experimentierens | PDF

Winfried Gerling (Potsdam): Bilder einfrieren, oder: Wie das Bewegtbild in den Eisschrank kommt | PDF

Katja Müller-Helle (Berlin): Monobloc. Kältetechnik bei Via Lewandowsky | PDF

Andreas Homann (Dortmund): Eis für alle. Bilder der Kälte als kollektive Symbole | PDF

Katharina Weinstock (Karlsruhe): Kann Kunst die Welt verändern? Arktisches Eis in Werken Olafur Eliassons, Willem de Rooijs und Susan Schupplis | PDF

Bildwelten des Wissens im Überblick

Fundstück #26

#26 Visionen einer Stadtmauer

Glasdias mit Rekonstruktionszeichnungen der Stadtmauer von Konstantinopel

Zeichnungen aus: Krischen, Fritz: Die Landmauer von Konstantinopel (DAI des Deutschen Reiches, Bd. 1, Zeichnerische Wiederherstellung) Berlin 1938, Digitalisat: Mediathek des IKB

Die Glasdiasammlung des Instituts enthält nicht nur Material, das nach und nach für die Lehrveranstaltungen beschafft wurde, sondern auch Konvolute, die aus anderen Zusammenhängen stammen. Im Schrank, der die Dias zur byzantinischen Architektur bewahrt, findet sich eine auffallende Reihe von suggestiven perspektivischen Rekonstruktionszeichnungen der Landmauer in Konstantinopel (heute Istanbul). Sie wurde ab 412 unter Kaiser Theodosius II. errichtet, um die auf einer Landzunge gelegene Stadt gegen Angriffe vom Festland her zu verteidigen. Der Bau war zunächst von der Abwehr der Hunnen veranlasst, leistete dann aber vor allem bei der Verteidigung gegen Araber und Türken bis zum finalen Fall Konstantinopels im Jahr 1452 entscheidende Dienste und gilt als eines der bedeutendsten Festungsbauwerke überhaupt.

Während die Beschriftungen über den Bildgegenstand Auskunft geben, fehlt jede Angabe der Bildquelle. Mit Hilfe der “umgekehrten” Bildsuche im Internet ließ sich jedoch schnell feststellen, dass es sich um die Tafeln des Werkes „Die Landmauer von Konstantinopel“ handelt, das vom Deutschen Archäologischen Institut (DAI) 1938 herausgegeben wurde. Autor des aufwändig publizierten Werks ist der Archäologe und Architekt Fritz Krischen, damals Professor für Baugeschichte und Formenlehre der Antike an der Technischen Hochschule in Danzig und u.a. Mitbegründer der Koldewey-Gesellschaft für baugeschichtliche Forschung.

Eine ungefähre zeitliche Einordnung der Bilder hätte sich freilich auch ohne die Buchvorlage vornehmen lassen. Die – gerade auch als Dias auf dem Leuchttisch sehr wirkungsvollen – Rekonstruktionen basieren zwar sicherlich auf den Baubefunden. Aufgrund der extremen Perspektiven sowie der Glättung und Überhöhung der Baukörper evozieren sie aber weniger spätrömische Mauerarchitektur sondern oszillieren im Gesamteindurck eher zwischen Neuem Bauen, Filmszenografien und megalomanen faschistischen Architekturvisionen.

Glasdias mit Rekonstruktionszeichnungen der Stadtmauer von Konstantinopel

Zeichnungen aus: Krischen, Fritz: Die Landmauer von Konstantinopel (DAI des Deutschen Reiches, Bd. 1, Zeichnerische Wiederherstellung) Berlin 1938, Digitalisat: Mediathek des IKB

Trotz ihres sehr einheitlichen Stils stammen die die 32 Perspektivzeichnungen allerdings nicht von von einer Hand und zudem nicht von Krischen selbst. Stattdessen wurden sie für ihn von seinen Mitarbeitern Walter Karnapp, Bruno Meyer und Klaus Petersen erstellt, wie im Vorwort angegeben ist.

Der Band, der diese Rekonstruktionszeichnungen (sowie einige Fotografien) enthält, war eigentlich nur als erster von mehreren Bänden konzipiert. Die Folgebände, die nie mehr erschienen, sollten vermutlich eine ausführlichere fotografische Dokumentation und vor allem einen umfangreichen Textapparat bieten. Dem Vorwort zufolge hat Theodor von Lüpke – damals Leiter Preußischen Meßbildanstalt bzw. Staatlichen Bildstelle – bei der Untersuchung der Mauer “529 Platten” aufgenommen. Wo sich die vermutlich großformatigen Negative heute befinden ist nicht bekannt, aber es ist zu hoffen, dass sie sich entweder in den Beständen des DAI oder im ehemaligen Meßbildarchiv, heute beim Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege, erhalten haben.

Nun stellt sich noch die Frage, woher die (bislang insgesamt 18) in unserem Archiv gefundenen Dias der Zeichnungen stammen. Schon die physische Beschaffenheit spricht für eine Herkunft aus der DDR-Zeit. Die beiden Glasplatten (s. Fundstück #25) sind mit einem zeittypischen Selbstklebestreifen verklebt – nämlich Luckanus Plast-Band, allgemein nach seinen Noppen und der beigen Farbe “Gänsehautband” genannt. Hierzu passt, dass das Kürzel D.B.A. vor der Inventarnummer auf die 1951 gegründete Bauakademie der DDR verweist.

Dort war fast von Beginn an Gerhard Strauss Direktor einer Abteilung, dem Institut für Theorie und Geschichte der Baukunst. Da Strauss 1958 Richard Hamann als Lehrstuhlinhaber in der Kunstgeschichte ablöste, kann fast mit Sicherheit geschlossen werden, dass ihm das Vorhandensein dieser und zahlreicher ähnlicher Dias zu verdanken ist. Der Wechsel dieses überzeugten Kommunisten fügte sich in die damalige Ideologisierungswelle des gesamten Bildungs- und Wissenschaftsbetriebs ein: Während die kunsthistorische Lehre stärker auf gesellschaftliche Aspekte ausgerichtet wurde, entfernte sich die Bauakademie von historischen und gestalterischen Arbeitsgebieten und fokussierte sich auf Technik- und Praxisfragen, etwa den Heizungsbau in Großwohnanlagen. Dabei wurden die architekturhistorischen Dias vermutlich als überflüssig angesehen und konnten an die Universität abgegeben werden. (G.S.)

(Link zu den Datensätzen: https://rs.cms.hu-berlin.de/ikb_mediathek/pages/search.php?search=%21collection598657)

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Die Diapositive und Fotos aus den Sammlungen des Instituts für Kunst- und Bildgeschichte tragen verschiedenste Spuren ihrer Herstellung und Nutzung und sind damit immer auch ein Stück Institutsgeschichte, Fachgeschichte oder Medien- und Technikgeschichte.
Die hier in loser Reihe vorgestellten Fundstücke sind als solche gemeint: Immer wieder fallen einzelne Objekte auf – aufgrund ihrer Beschaffenheit, aufgrund ihre Bildinhalte, aufgrund eines sonstigen Umstands – und geben Anlass zu weiteren Beobachtungen, Überlegungen, oder kleinen Recherchen. Wenn sich dann eine erste Geschichte abzeichnet, wird sie hier gelegentlich präsentiert. Nicht als Forschungsergebnis, sondern eher als Beobachtung, Vermutung, Frage, die zu weiterer Forschung führen kann. Zusätzliches Wissen in Form von Ergänzungen, aber auch Korrekturen, ist stets willkommen (mediathek.kunstgeschichte@hu-berlin.de)

Fundstück #25

#25 Auseinandergefallen

Glasdia mit Gemälde aus Rembrandt-Umkreis.

Glasdia, bez. “[Rem]brandt. (Caßel) R’s Vater [Blst.] um 1631 / 30/31 | 7142”, Foto verm. aus: W. v. Bode, The complete work of Rembrandt, Vol. 1, Paris 1897, Abb. 54; Digitalisat: Mediathek des IKB

Warum heißen die Glasdias eigentlich Glasdias? Das ist zunächst einmal nicht selbsterklärend, denn viele Dias weisen Glasbestandteile auf. Auch die jüngeren, in viel größerer Anzahl produzierten Kleinbilddias sind oft entweder zwischen zwei, mit Papierstreifen verklebten Glasplatten oder in Rähmchen mit einem verglasten Fenster montiert. Aber in diesen Fällen besteht das eigentliche Dia immer aus einem Film, der lediglich von Glas abgedeckt ist.

Anders bei den sogenannten Glasdias, die zunächst vorwiegend einfach als „Glasplatten“ bezeichnet wurden und später auch aufgrund ihrer Größe von typischerweise 8,5 x 10cm im Unterschied zu den Kleinbild-(oder Mittelformat-)Dias auch Großdias genannt wurden: Dort befindet sich das Bild direkt in einer fotografischen Schicht auf der Glasplatte. Diese Glasplatte ist selbst schon das Dia. Die beschichtete Seite der Glasplatte wird dann meist noch mit einer leeren Glasplatte als Schutz der Fotoschicht abgedeckt und mit Papierstreifen verklebt. Meistens sorgt eine zusätzlich zwischen die beiden Glasplatten geklebte schwarze Papiermaske dafür, dass nur der gewünschte Bildausschnitt ohne eventuelle helle Nebenzonen zu sehen ist.

Gelegentlich, vor allem gegen Mitte des 20. Jahrhunderts und wenn Farbbilder gewünscht waren, wurde auch bei den großen Dias mit Film gearbeitet, der zwischen zwei leere Glasplatten gespannt wurde. Hier wäre dann die Bezeichnung „Glasdia“ eigentlich nicht zutreffend. Von außen kann der Unterschied aber kaum zuverlässig erkannt werden.

Unsere beiden Fundstücke zeigen nun ein tatsächliches Glasdia. Es handelt sich einerseits um die Deckplatte, die kein Bild, aber die aufgeklebten Etiketten mit den Beschriftungen enthält und andererseits um die Bildplatte, auf der die schwarze Papiermaske aufgeklebt ist. Sie ist hier vergleichsweise großflächig, da das Bild klein ist. Ein Film oder ähnliches ist nicht vorhanden. Beide Bestandteile wurden in verschiedenen Fächern des Schranks mit den Werken Rembrandts gefunden. Erst bei der Durchsicht der Digitalisate wurde ihre Zusammengehörigkeit wieder erkannt. Es ist nicht bekannt, wann die beiden Stücke aufgrund der Auflösung der rahmenden Papierstreifen auseinanderfielen.

Wie Abriebspuren und der vielleicht auch schon vor dem Auseinanderfallen eingetretene Glasbruch verraten, wurde das Dia häufig benutzt. Es zeigt ein Gemälde aus der Kasseler Gemäldegalerie („Caßel“), das als Werk Rembrandts, das als Darstellung seines Vaters angesehen wurde – diese biographische Orientierung war für die damalige Forschung typisch. Damit gehörte das Gemälde selbstverständlich zum Standardrepertoire von Rembrandt-Vorlesungen. Heute sieht die Forschung es jedoch als ein Werk des zeitweiligen Werkstattgenossen Jan Lievens an und verzichtet auf eine Identifzierung des Dargestellten.

Angefertigt wurde das Dia vermutlich, ebenso wie das Fundstück #24, für eine Lehrveranstaltung Adolph Goldschmidts im Sommer 1901. Ebenso wie die eigenhändige Beschriftung von Goldschmidt findet sich hier eine zusätzliche Nummerierung („4.“). Auch die Vorlage stammt mit großer Wahrscheinlichkeit wieder aus dem Werkverzeichnis von Bode. Wie der technische Ablauf der Herstellung der Glasdiapositive nach solchen Vorlagen erfolgte, zeigen uns – soviel kann bereits verraten werden – andere Fundstücke aus der Sammlung. (GS)

(Link zu den Datensätzen: https://rs.cms.hu-berlin.de/ikb_mediathek/pages/search.php?search=%21collection597273)

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Die Diapositive und Fotos aus den Sammlungen des Instituts für Kunst- und Bildgeschichte tragen verschiedenste Spuren ihrer Herstellung und Nutzung und sind damit immer auch ein Stück Institutsgeschichte, Fachgeschichte oder Medien- und Technikgeschichte.
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Fundstück #24

#24 Kunsthandel und Forschungswandel

Glasdia mit Gemälde aus Rembrandt-Umkreis.

Glasdia, bez. “7139 | Rembrandt. Portrait des Titus / ([durchgestr.] Paris Samlg. Kann) Altmann, NY”, Foto aus: W. v. Bode, The complete work of Rembrandt, Vol. 6, Paris 1901, Abb. 442; Digitalisat: Mediathek des IKB

Dias einer Lehrbildsammlung sind nicht nur Quellen für ihre eigene Geschichte und ihren Gebrauch, sondern spiegeln auch den Stand der Forschung und die Geschicke der abgebildeten Werke wider. So liefert dieses Dia, dessen Inventarnummer (7139) dafür spricht, dass es um oder kurz nach 1900 erstmals zum Einsatz gekommen ist, auch einige Hinweise zur Sammlungsgeschichte des Gemäldes. Dieses zeigt ein Knabenbildnis, das lange Zeit für ein authentisches Werk von Rembrandt gehalten wurde. Insbesondere die Umstände, dass der Knabe offensichtlich Rembrandts Sohn Titus darstellen soll und dass das Gemälde signiert und datiert ist, ließen zunächst an Eigenhändigkeit glauben. Die neuere Forschung vermutet jedoch einen möglicherweise noch im 17. Jahrhundert tätigen Nachahmer Rembrandts als Urheber.

Das Fehlen eines Herstelleretiketts lässt darauf schließen, dass das Dia direkt für eine Lehrveranstaltung angefertigt wurde, und zwar als Reproduktion nach dem 1901 erschienen 6. Band des Rembrandt-Werkkatalogs von Wilhelm von Bode, wie der noch sichbare Ansatz der Tafelnummer (442) oben rechts bezeugt. Da die Handschrift auf dem Etikett diejenige von Adolph Goldschmidt zu sein scheint, kann mithilfe der Vorlesungsverzeichnisse präziser geschlossen werden, dass das Dia im Sommersemester 1901 angefertigt wurde, nämlich für die Lehrveranstaltung „Geschichte der belgischen und holländischen Malerei des 17. Jahrhunderts“. Goldschmidt war damals als außerplanmäßiger Professor in Berlin tätig, bevor er einen Ruf nach Halle erhielt und schließlich 1912 den Berliner Lehrstuhl übernehmen konnte. Während im Vorlesungsverzeichnis des Sommersemesters 1901 ausdrücklich angegeben ist, dass diese – jeweils mittwochs und samstags von 8-10h „privatim“ gehaltene und also mit Hörergeld zu bezahlende – Veranstaltung auch „Demonstrationen im Museum“ umfasste, wurde der andere Teil der Sitzungen offenbar mit Lichtbildprojektionen gestaltet. Vermutlich steht die auf einem eigenen kleinen Etikett vermerkte Nummer 11. mit der Gliederung der Veranstaltung in Zusammenhang, ohne dass wir angesichts der wenigen bislang aufgefundenen weiteren Dias mit ähnlichen Zahlen sagen könnten in welcher Weise das der Fall ist.

Wie eingangs gesagt, interessiert bei dem vorliegenden Fundstück aber auch der Aspekt, dass es den in den Jahrzehnten vor und nach 1900 regen internationalen Handel insbesondere mit niederländischer Kunst spiegelt. Die ursprüngliche Beschriftung besagt, dass sich das Gemälde in der Sammlung von Rodolphe Kann in Paris befindet. In der Sammlung des ursprünglich aus Frankfurt a.M. stammenden Bankiers war es tatsächlich von 1883 bis zu Kanns Tod 1905, was die Datierung unseres Dias noch einmal bestätigt. 1907 wurde das Gemälde über den Kunsthandel Duveen in die USA an Benjamin Altman in New York verkauft. Dieser Umstand wurde später, unter Streichung der ersten Angabe, ebenfalls auf dem Dia vermerkt („Altman NY“) – von einer anderen Hand, die wir noch zu identifizieren hoffen.

Eine eine genauere Bestimmung, bei welchem Anlass diese Korrektur auf dem augenscheinlich häufig benutzten Dia vorgenommen wurde, ist nicht möglich, da die Veranstaltungen in Berlin zur niederländischen Malerei im Allgemeinen und zu Rembrandt im Besonderen bald zu zahlreich waren. Es ist lediglich zu vermuten, dass sie vor 1913 erfolgte, dem Jahr in dem Altman starb und seine Sammlung als Stiftung an das Metropolitan Museum ging, wo sie sich noch heute befindet. Diese letzte Änderung der Besitzverhältnisse wurde nicht mehr vermerkt, vielleicht aus Platzgründen, vielleicht auch einfach, weil es bekannt war, dass die über 1000 Stücke umfassende Sammlung Altman nun ein Teil des Metropolitan Museum war. Ebenso nicht mehr vermerkt wurde der Umstand, dass das Gemälde spätestens seit 1969 mit dem Erscheinen der von Horst Gerson redigierten Neuauflage des Bredius-Katalogs nicht mehr als eigenhändiges Werk angesehen wurde. Zu diesem Zeitpunkt war Rembrandt jedoch allenfalls noch ein sozialikonographisches Thema im Curriculum der Kunstgeschichte an der Humboldt-Universität und das Dia wohl nicht mehr in Gebrauch. (GS)

(Link zum Datensatz: https://rs.cms.hu-berlin.de/ikb_mediathek/pages/view.php?ref=52910)

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Die Diapositive und Fotos aus den Sammlungen des Instituts für Kunst- und Bildgeschichte tragen verschiedenste Spuren ihrer Herstellung und Nutzung und sind damit immer auch ein Stück Institutsgeschichte, Fachgeschichte oder Medien- und Technikgeschichte.
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